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Wohnraum immer teurerMieter dürfen gemolken werden

Vor allem in den Groß- und Universitätsstädten werden Wohnungen unbezahlbar. Bis 2025 könnten eine Million Einheiten fehlen.

Mieterproteste in Hamburg Bild: dpa

BERLIN taz | Der Deutsche Mieterbund hat die Stadt für seinen Auftritt mit Bedacht gewählt: München, seit Langem bekannt für hohe Mieten und einen angespannten Wohnungsmarkt.

Parallel zum derzeit in München stattfindenden Deutschen Mietertag, bei dem auch SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und Bayerns Verbraucherschutzministerin Beate Merk (CSU) sprechen, veranstaltete die Mieterorganisation am Freitag eine öffentliche Kundgebung zur Wohnungsnot in vielen Städten. Damit ist ein Ziel der Mieterorganisation erreicht: Die Wohnungssituation wird als Thema im Bundestagswahlkampf eine Rolle spielen.

Eindrücklich warnt der Mieterbund vor einem eklatanten Mangel an Wohnraum in Deutschland: „In Großstädten, Ballungszentren und Universitätsstädten wächst eine neue Wohnungsnot heran.“ Schon heute fehlten hier 250.000 Mietwohnungen. Angesichts steigender Einwohner- und Haushaltszahlen werde sich die Nachfrage weiter erhöhen. Zwischen 2002 und 2010 stieg die Zahl der Haushalte von 38,7 auf 40,3 Millionen.

Bis zum Jahr 2025 werden es nach Prognosen der Bundesregierung 41,1 Millionen Haushalte sein – die überdies in immer größeren Wohnungen leben möchten. Auch schlägt zu Buche, dass – etwa in Berlin – zunehmend Mietwohnungen als Ferienwohnungen zweckentfremdet werden.

Die Nachfrage kann mit dem gegenwärtigen Wohnungsangebot nicht gestillt werden, warnt der Mieterbund. In den letzten Jahren seien jährlich nur 65.000 bis 70.000 Mietwohnungen bundesweit neu gebaut worden. Setze sich diese Entwicklung fort, fehlten im Jahr 2025 rund eine Million Mietwohnungen in Deutschland.

Leidtragende dieser Entwicklung sind die Mieter, die immer mehr Geld für Wohnen und Energie aufwenden müssen. In angespannten Märkten nutzen die Vermieter das schamlos aus, wie ein Blick auf die Neuvermietungsmieten zeigt. In Frankfurt am Main müssen Mieter, die eine Wohnung neu anmieten, derzeit 31 Prozent mehr bezahlen, als dort ortsüblich ist, wie der Mieterbund herausgefunden hat.

In München beträgt die Differenz 28 Prozent, in Düsseldorf 25 Prozent, in Hamburg 24 Prozent und in Berlin 19 Prozent. Mit einem Plus von 44 Prozent sieht es in Unistädten wie Konstanz noch gravierender aus, in Münster kamen Neuvermietungen 40 Prozent teurer, in Heidelberg 36 Prozent.

„Mittelfristig wirken sich diese hohen Wiedervermietungsmieten auf das allgemeine Preisniveau aus“, warnt Mieterbund-Chef Franz-Georg Rips. „Die hohen Neuvermietungsmieten von heute sind die Vergleichsmieten von morgen.“ Der Mieterbund fordert deshalb eine Obergrenze für Wohnungen, die neu vermietet werden. Diese dürften höchstens 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen.

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7 Kommentare

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  • W
    Wolfgang

    Alle drei Jahre 10 % bis 15 % Mieterhöhung per Lobby-Gesetz.

     

    Wer bekommt den schon jedes Jahr eine Gehaltserhöhung von 3,4 bis 5 Prozent?

     

    Zuletzt bekamen die West-Rentner nur 0,25 Prozent ohne Berücksichtigung der Teuerungsrate.

     

    Aufwachen, heute noch brave deutsche Michels, kämpfen, ohne "Sozialpartnerschaft"!

     

    Märke: Schlagt den Miethaien praktisch auf die Zähne!

  • I
    Irmi

    Pappsi

    Anders als früher, gibt es kaum noch Mieter, die bereit sind, eine günstige Wohnung für sich selbst schön herzurichten. Also überlassen sie das dem Vermieter und den Handwerkern. Die machen das nun mal nicht umsonst.

    Antwort:

    Das kann so sein Pappsi, aber, wer hat heute schon als künftiger Mieter so viel Geld übrig, um eine Sanierung auf eigene Kosten durchzuführen. Das liegt an den heute üblich sehr niedrigen Gehältern, den niedrigen Renten. Nicht jeder Mensch ist technisch begabt solche Dinge selbst zu machen, dazu gehöre ich auch, hätte auch niemanden der mir das macht, Geld dazu noch weniger.

     

    Es kam auch öfter vor, das Vermieter sich die Wohnung auf Kosten der Mieter sanieren ließen, dann Eigenbedarf angemeldet haben, aber dann lieber die Wohnung teuer weitervermieteten.

  • IN
    Ihr neuer Pappsi

    Zumindest im Mietwohnungs-Billigsektor ist es einfach so, daß es oft zu Zahlungsausfällen kommt, wo für die Linken doch gerne Verständnis zeigen. Die säumigen Mieter zu Zahlungen zu zwingen, ist oft schwierig. Schließlich hat das Anheben der Pfändungs-freigrenze auf eine Höhe, die Viele mit Ihrem Verdienst kaum erreichen, immerhin zu einer teilweisen Enteignung der Vemieter geführt. Also will der Vermieter nur höherpreisig investieren, wo die Verluste geringer sind. Logisch!

     

    Wenn da dann genügend Wohnraum zur Verfügung steht, wird die Konkurrenz sicher für billigere Mieten sorgen.

     

    Anders als früher, gibt es kaum noch Mieter, die bereit sind, eine günstige Wohnung für sich selbst schön herzurichten. Also überlassen sie das dem Vermieter und den Handwerkern. Die machen das nun mal nicht umsonst.

  • EG
    es geht abwärts in diesem Land

    Wer sind denn dann die Preistreiber ? Wer bestimmt denn diesen sog. Mietspiegel ? Dem Staat scheint es total egal zu sein, die wollen ja nur die Steuern aus den Vermietungen, je höher, desto besser für den Staat.

    In dem Haus wo ich wohne, war ein Wohnungssuchender so dämlich zum Vermieter zu sagen, er könnte für diese schöne 80 qm viel mehr Geld bekommen. Natürlich hat der Vermieter nicht nur seine Miete hochgesetzt sondern auch im restlichen Haus.

    Ich zahlte beim Einzug vor 30 J. für meine knapp 45 qm Wohnung 200 € warm, heute 500 kalt. Dabei stünden einem Ehepaar lt. Gesetz 60 qm zu. Die kann man sich in München niemals leisten, aber im Umland auch nicht, bei den Renten heute. Zieht man weiter weg, bringt auch nichts, weil dann mehr Benzinkosten dagegen stehen.

    Und wenn man betrachtet, wer wohnt dann in den schöneren Wohnungen oder Neubauwohnungen ? Multikulti ?. Wer bekommt bevorzugt große Wohnungen, das sind die die ein Kind nach dem anderen in die Welt setzen. Wie vielen davon zahlt der Staat die Miete, dann gibt es reichlich Kindergeld und Geld zum Essen obendrauf?

     

    Wo bleiben die Alten Leutchen, die in den Altbauten keinen Lift vorfinden, sich teure Wohnungen nicht leisten können ? Die kommen gar nicht mehr aus ihrem Loch raus. Auto halten, gar nicht mehr möglich.

     

    Ich kenne einen Fall Nähe München. Da hat ein Pole 3 nicht gerade billige Wohnungen gemietet, 2 davon untervermietet (Preis?)ohne zu fragen. In so einer 40 qm Wohnung für knapp unter 600 € wohnen dann 9 Personen. Da kann man sich vorstellen welch ein Krawall in dem Haus ist, keiner hält sich an irgendwas. Andere schütteln permanent ihre dreckigen Teppiche am Fenster aus und davon eine Menge, den untere Leuten fällt der Dreck in sämtliche Fenster oder in die Kaffetasse am Balkon. So ein Verhalten ist unmöglich, bringt Emotionen bei den anderen Bewohnern. Wer will schon den Dreck von den Anderen.

     

    Statt Wohnungen zu bauen, retten wir die Welt, subventionieren von der EU bestimmte Sachen die sich als unnütz erweisen, wir retten Banken die faule Immobilien verzockt haben und sich selbstverschuldet ruinierten. Dann bezahlen wir auch noch sehr teuer für diesen verdammten Euro, der uns nichts bringt außer Armut

  • P
    pet

    Die nächste Mieterhöhungswelle wird evtl. nach der Wahl kommen, falls eine Vermögensabgabe umgesetzt wird.

    Da auch Immobilien betroffen sind, werden private Vermieter versuchen, die Mehrbelastung auf die Mieten umzulegen. Kleines Rechenbeispiel: Bei einer Wohnnung mit Wert € 100.000,-- und einer Vermögensabgabe von 1,5 %, ist eine Erhöhung der Monatsmiete erforderlich, die erst als Einkommen zu versteuern ist, im ungünstigsten Fall von € 258,77 um steuerliche Nachteile des Vermieters auszugleichen.

  • M
    mim

    "Die hohen Neuvermietungsmieten von heute sind die Vergleichsmieten von morgen." Und orientiert an den orstüblichen Vergleichsmieten dürfen dann auch die bestehenden Mieten erhöht werden. Wer noch einen günstigen Mietvertrag hat, braucht sich also nicht entspannt zurück lehnen. Die nächste Mieterhöhung kommt auch bei ihm an. Wowereits Tipp, einfach nicht umzuziehen, hilft da auch nicht weiter.

  • C
    chris

    Das Plakat auf dem Bild sagt alles "Recht auf Stadt".. wieso nicht gleich "Recht auf große Altbauwohnung für lau im angesagten Viertel"?

     

    Das Problem ist, dass viele an den gleichen Ort wollen und damit meine ich nicht die Stadt an sich sondern bestimmte Bereiche der jeweiligen Städte. Und nicht nur das, vom Student bis zur Familie sind unsere Ansprüche an die m²-Zahl sehr viel ausufernder als bei vielen unserer Nachbarn.

     

    Ich fand es immer lustig, wenn Menschen in Irland, Frankreich oder den Niederlanden, wo ich lebte, zu besuch waren oder ich neu zugezogene Deutsche traf, die beklagten, wie wenig Platz man doch habe... Hey, das wäre auch hier angesagt.

     

    Ich denke, dass wir uns noch um einiges umstellen müssen, wenn wir weiterhin alle in die angesagten Bereiche wollen. Es wird teurer, wir werden im Allgemeinen mit weniger Wohnraum pro Person in den Städten auskommen müssen und es muss auch in die nicht so hippen Viertel gezogen werden.

     

    Oder wir bauen auch den letzten Park, die letzte Kleingartensiedlung und die letzten Spielplätze in bestimmten Stadtteilen mit Wohnungen zu und ehrlich gesagt, ist das ein Alptraum, der hoffentlich nicht eintritt.