Wohnen: Finanzierung gescheitert
Die Anwohner-Initiative No BNQ erleidet einen Rückschlag: Nach dem Rückzug eines Kreditgebers reicht das Geld nicht für den Kauf des Bernhard-Nocht-Quartiers.
Es hat die Leute von der Initiative No BNQ kalt erwischt: Ein privater Geldgeber hat sich zurückgezogen, so dass No BNQ sein Kaufangebot für das Bernhard-Nocht-Quartier nicht wie geplant machen kann. Margrit Czenki von No BNQ will sich zur Höhe des nun zurückgezogenen Kreditangebots nicht äußern, nur soviel ist klar: "Es lag nicht an Zweifeln am Projekt, sondern an der privaten Situation." Doch mit der Absage ist das bis dahin sicher geglaubte Finanzierungskonzept vorerst gescheitert.
9,5 Millionen Euro muss die Initiative zusammenbekommen, um das Quartier den Investoren Köhler und von Bargen abzukaufen. Dies sei der Selbstkostenpreis, sagte in der Vergangenheit Andreas von Bargen. Dazu kommen rund 13 Millionen Euro für die anstehende Sanierung. Dennoch gibt sich Margrit Czenki optimistisch: "Noch ist nicht aller Tage Abend." Bislang seien alle Geldangebote an die Initiative herangetragen worden, ohne dass man von sich aus Geldgeber gesucht habe. Am Montagabend wollen sich die No BNQ-Mitglieder treffen, um zu überlegen, wie es nun weitergeht.
Rein theoretisch könnten die Investoren Köhler und von Bargen jederzeit mit den Bauarbeiten im Bernhard-Nocht-Quartier beginnen - die Baugenehmigung liegt vor. Im Herbst letzten Jahres war bekannt geworden, dass die Investoren im Bernhard-Nocht-Quartier, das mehrfach den Eigentümer gewechselt hatte, modernisieren, abreißen und luxuriöse Eigentumswohnungen bauen wollten.
Nach Protesten hatten Köhler und von Bargen Zugeständnisse gemacht. Da sie das Bauvorhaben nun mit einem Kredit der stadteigenen Wohnungsbaukreditanstalt finanzieren wollen, mussten sie sich im Gegenzug dazu verpflichten, die Mieten zehn Jahre lang stabil zu halten. Die AltmieterInnen sollen während der Arbeiten in ihren Wohnungen wohnen bleiben; Eigentums- und Sozialwohnungen sollen zu gleichen Teilen entstehen. No BNQ sollte ins Boot geholt werden und gemeinsam mit den Investoren für Teile der Fläche eine öffentliche Nutzung mit Ateliers und Tante-Emma-Läden entwickeln. Diesem Plan verweigerte sich die Initiative: Man wolle nicht zur Schaffung einer verkaufsfördernden Künstler-Folklore-Szene beitragen, hieß es. No BNQ verfolgt stattdessen ein genossenschaftliches Modell.
Im Bezirksamt-Mitte zeigt man sich mäßig bestürzt über das - vorläufige - Scheitern des Kaufangebots von No BNQ. "Es hätte mich eher verwundert, wenn es geklappt hätte", sagt Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD). Für ihn ist die ausgehandelte Mietpreisbindung ein Erfolg: "Wer weiß in solchen Zeiten schon, was in zehn Jahren sein wird?" Bei No BNQ fragt man sich ganz anderes: "Kann es angehen, dass die Lösung sozialer Probleme allein vom guten Willen vermögender Privatmenschen abhängt?", heißt es in der Erklärung zum Kreditrückzug.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“