Wohnen auf Brachfläche: Obdachlose bleiben
Das Camp an der Stresemannstraße ist nicht geräumt worden, auch wenn es der Sicherheitsdienst angekündigte.
HAMBURG taz | Mit dem Verbleib des Obdachlosen Camps auf der Brachfläche Kieler Straße/Stresemannstraße befassen sich nun auch Bezirksverwaltung und Politik. Am Donnerstagmorgen ist der ehemalige Bauwagenplatz-Beauftragte des Bezirks Altona, Klaus Meyer, mit einer Delegation der Gruppe zu einem Gespräch zusammengetroffen, um zu erörtern, wie es nach dem Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs weitergehen soll.
Zeitgleich herrschte auf dem Areal um den Bretterverschlag mit Feuerstelle reges Treiben. Acht Männer eines Sicherheitsdienstes waren am späten Mittwochabend erschienen und hatten die Gruppe von rund 15 Punks aufgefordert, das Gelände mit Zelten und Bauwagen bis zwölf Uhr Mittags zu räumen – „sonst gibt es Ärger“, berichtet ein Bewohner. Wegen der befürchteten Räumung des Platzes waren neben zahlreichen Unterstützern auch die innenpolitischen Sprecherinnen der Linkspartei und der Grünen, Christiane Schneider und Antje Möller, sowie der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Bezirk Altona, Robert Jarowoy gekommen.
Das Gelände gehört offiziell der Firma Hanseatic Holding AG in Hildesheim. In der Altonaer Bezirkspolitik gibt es weiterhin den Verdacht, dass es sich bei der Firma um eine Tarnfirma des ehemaligen Eigentümers des Areals, Burim Osmani, handeln könnte, der in Altona nicht gern gesehen ist.
Hanseatic-Geschäftsführer Karsten Rose bekräftigte, dass die Firma an der Räumung des Geländes festhalte. „Wir wollen auf dem Grundstück Wohnungen bauen“, sagt er. Weil die Bauarbeiten bald losgehen sollen, gebe es Handlungsdruck. „Ein Bleiberecht über langfristige Inanspruchnahme zu erwirken, werden wir nicht dulden“, sagte Rose. Für ihn sei die derzeitige Nutzung nichts anderes als Hausfriedensbruch.
In dem Gespräch mit der Gruppe soll der Ex-Bauwagenbeauftragte Meyer nach einem Telefonat mit dem noch amtierenden Bezirksamtsleiter Jürgen Warnke-Rose gesagt haben, dass eine sofortige Räumung gar nicht möglich sei, nachdem die Nutzung des Platzes zwei Jahre lang geduldet wurde.
Das erklärt vielleicht, warum die Polizei offiziell keine Anstalten macht, den Strafantrag, – wenn er denn zulässig ist – sofort umzusetzen. „Wir sehen das alles ganz entspannt“, sagt Sprecherin Sandra Levgrün. Die Polizei werde mit der Gruppe Kontakt aufnehmen, um zu sehen, was deren Intension sei – es gebe keinen Grund zu räumen. „Wir sehen uns das mit der nötigen Ruhe und Gelassenheit an und dann entscheiden wir.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste