Wohin mit den Flüchtlingen?: Asyl in Kolonial-Kaserne
Stadtentwicklung Die Wohnsiedlung in der Lettow-Vorbeck-Kaserne, kommt nicht so recht voran. FDP und Linke schlagen Flüchtlingsdorf vor
Das Gelände der ehemaligen Lettow-Vorbeck-Kaserne in Wandsbek ist schon lange öd und leer. Von der tollen Wohnsiedlung „Jenfelder Au“, die hier einmal entstehen soll, ist praktisch nichts zu sehen. Und wie eine Anfrage der FDP an den Senat ergab, dürfte sich daran auch so schnell nichts ändern. Die Freidemokraten schlagen deshalb vor, mindestens über den Winter hier feste Behausungen für Flüchtlinge einzurichten. Die Linkspartei unterstützt diesen Vorschlag.
„Während sich im benachbarten Jenfelder Moorpark 700 Flüchtlinge in Zelten drängen, liegen weite Teile des ehemaligen Kasernengeländes brach“, wundert sich Rainer Behrens von der Linksfraktion in Wandsbek. Gerade erst beginnende Prozesse zur Wohnbebauung, schlechte Erschließung oder Denkmalschutz könnten doch keine Gründe sein, den Flüchtlingen feste Behausungen vorzuenthalten, findet die FDP-Bürgerschaftsabgeordnete Jennyfer Dutschke. Bald sei der Sommer vorbei. „Dann ist die Jenfelder Zeltstadt nicht mehr haltbar“, sagt Dutschke.
Die Jenfelder Au, das größte Stadtentwicklungsprojekt östlich der Alster, ist seit knapp zehn Jahren in Planung. Doch wie der Senat der FDP mitteilte, sind erst knapp 6.500 von gut 100.000 Quadratmetern Grund verkauft. Bei weiteren 15.500 steht der Kaufabschluss bevor. Beim Rest ist die Anhandgabe in Vorbereitung, die Ausschreibung in Vorbereitung oder die Vergabe für 2016 in Planung – was noch nicht heißt, dass sich dann auch ein Investor findet.
Rainer Behrens von der Linken wundert das nicht, eher schon, „dass man hier so einen Luxuskram hinbauen will“. Die Siedlung sei zunächst mit Stadthäusern von sehr großer Wohnfläche geplant gewesen, was sich in der abgelegenen Gegend keiner leisten wolle. Inzwischen seien die Wohnungen zwar abgespeckt worden. Hier Eigentum zu erwerben, komme aber immer noch nur für die obersten 25 Prozent der Einkommensbezieher in Frage.
Von 2013 an sollten in der Jenfelder Au 770 Wohnungen entstehen.
Geplant waren zwei- bis vierstöckige Stadthäuser mit Gärten, die durch Geschosswohnungsbauten ergänzt würden.
Kaufen oder mieten können sollen Interessenten ganze Stadthäuser oder Wohnungen darin, desgleichen Etagenwohnungen. Zudem ist Platz für Bauprojekte vorgesehen.
Konkrete Angebote dafür gibt es dafür auf der Website www.jenfelderau-info.de noch nicht.
„Diese Wohnungen tragen nicht dazu bei, die Probleme von Wohnungslosen und Flüchtlingen zu beheben“, kritisiert Behrens. Nicht einmal zehn Prozent der Wohnungen würden gefördert. Das müsse sich im Sinne der Flüchtlinge ändern. Als Zwischenlösung solle der Senat „in einem überschaubaren Bereich Wohncontainer für zwei oder drei Jahre errichten“. Der Jenfelder Moorpark sei für Container nicht geeignet. Er werde für die Naherholung gebraucht. Zudem will Behrens beim Senat erfragen, ob nicht auch erhaltene Kasernengebäude als Unterkünfte infrage kämen.
Der Senat verweist darauf, dass es mit seinen Wohnungsbauzielen nicht vereinbar sei, eine so große Fläche aus dem Wohnungsbauprogramm herauszunehmen. Außerdem seien noch nicht alle Grundstücke erschlossen. Es sei eine spezielle Abwasserentsorgung geplant.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!