: Wofür bekam Ahrens den Schampus?
■ Strafverfahren gegen suspendierten Marktmeister Ahrens eröffnet / Einstellung des Verfahrens im Gespräch
Wer erwartet hat, dass das Amtsgericht den Filz im Bremer Stadtamt um den Marktmeister Wolfgang Ahrens aufklären würde, der wird möglicherweise enttäuscht werden: Gestern war gerade die Anklage gegen Ahrens vorgetragen – Bestechlichkeit im Amt, Vorteilsnahme, Untreue –, da brachte Richter Wacker schon eine mögliche Einstellung des Verfahrens nach § 153a des Strafgesetzbuches ins Gespräch. Ahrens käme dann mit einer Geldbuße davon und würde damit seine Schuld indirekt eingestehen. Ahrens' Verteidiger Kyrulf Petersen meinte dazu, es komme seinem Mandanten darauf an, in eine normale berufliche Laufbahn zurückkehren zu können. Dafür müsste allerdings ein Agreement mit der Disziplinarbehörde getroffen werden. Schon vor Prozesseröffnung hat Rechtsanwalt Konrad Hammann, der Ahrens vertritt, mit dem Leiter der Staatsanwaltschaft über einen Vergleich geredet. Das jedenfalls wusste Hammanns Kollege Petersen. Staatsanwältin Simone Laumen hat davon „nichts“ gehört. Dass „ganz oben“ geredet worden sein muss, ist auch an den beiden Richtern nicht vorbeigegangen.
Ahrens selbst zeigte sich nach dem ersten kurzen Verhandlungstag „zuversichtlich“, glimpflich aus der Filz-Affäre rauszukommen. Er will beim nächsten Termin der „aufgebauschten Version der Staatsanwaltschaft“ seine Wahrheit entgegensetzen.
Mit Hilfe der großzügigen Geschenke der Marktleute konnte der Marktmeister einen aufwändigen Lebenswandel bestreiten. So lud er zu seinem 50. Geburtstag im Jahre 1998 insgesamt 100 Personen zu einer üppigen Feier. Fünf Bedienungskräfte waren im Einsatz – „eine Schaustellerfamilie“, so die Staatsanwaltschaft, berechnete die Sause mit 600 Mark.
Zusätzlich wurde von 36 Jahrmarktleuten zum Fünfzigsten für eine Mailandreise gesammelt; der Marktmeister erhielt zur Fahrkarte 2.000 Mark als „Taschengeld“ auf die Hand.
Als Ahrens 1994 geheiratet hatte, bestellte und bezahlte „Frau Neuhaus“ für ihn die Tickets für die Hochzeitsreise nach London. „Frau Neuhaus“ ist eine der SchaustellerInnen, die bei ihren Anträgen für einen guten Stand von Ahrens abhängig waren. 12 Schaustellerfamilien hatten sich die Kosten des Wochenend-Trips geteilt.
Insgesamt acht Vorfälle dieser Art über den Zeitraum von fünf Jahren will die Staatsanwaltschaft dem suspendierten Oberamtsrat nachweisen. So soll Ahrens die Stadt Bremen um 16.000 Mark gebracht haben, indem er der Veranstaltungsgesellschaft Bremer Schausteller GmbH (VBS) für die Nutzung der Bürgerweide für das Volksfest „Summer in the City“ im Juli 1997 einen zu geringen Preis berechnete. Das Pikante dabei ist, dass der Marktmeister zu jenem Zeitpunkt selbst Gesellschafter der VBS und damit Begünstigter seiner eigenen Amtsentscheidung war.
Bei der Vergabe von Freimarktplätzen scheint der frühere Oberamtsrat nach dem Motto entschieden zu haben: Je großzügiger das Geschenk der Schausteller-Familie, desto besser der Standplatz für sie. Mit Champagner im Wert von 500 Mark soll sich beispielsweise die SKG Gesellschaft in den Jahren 1993 bis 1995 beim Marktmeister für den guten Standplatz ihres Bayernzelts revanchiert haben.
Beim nächsten Verhandlungstag am kommenden Donnerstag will Ahrens dazu Stellung nehmen. vv
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