Wirtschaftsprüfer wegen Lehman verklagt: Ernst & Young sollen büßen

Ernst & Young sollen die Bilanzen der pleitegegangenen US-Investmentbank mitgeschönt haben. Jetzt sollen die Wirtschaftsprüfer ein Bußgeld zahlen.

Hauptquartier der Wirtschaftsprüferfirma Ernst & Young in New York. Bild: reuters

WASHINGTON taz | Der Crash der US-Investmentbank Lehman Brothers vor rund zwei Jahren könnte Ernst & Young im Nachhinein teuer zu stehen kommen. Wie das Wall Street Journal meldet, erließ die New Yorker Staatsanwaltschaft eine Klage gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Die Buchprüfer sollen geholfen haben, die Bilanzmisere bei Lehman Brothers zu verschleiern, und sollen nun ein deftiges Bußgeld zahlen. Es ist das erste Mal, dass eines der großen Wirtschaftsprüfungsunternehmen für seine Rolle bei der Finanzkrise juristisch zur Verantwortung gezogen wird.

Weltweite Panik

Die Pleite des Wallstreet-Giganten Lehman, der sich am US-Hypothekenmarkt verspekuliert hatte, hatte im September 2008 eine weltweite Panik ausgelöst. Keine Bank konnte sich sicher sein, ob ihr Geschäftspartner am nächsten Tag noch existieren würde. Viele konnten nur noch durch staatliche Rettungsfonds aufgefangen werde, 300 Geldinstitute mussten allein in den USA seitdem geschlossen werden. Als Lehman Insolvenz anmelden musste, stand ein Minus von 613 Milliarden US-Dollar in den Büchern. In den Jahren davor hatte die Bank aber nur 100 Millionen Dollar Schulden gemeldet.

Eine Untersuchung im Auftrag des Konkursverwalters Alvares & Marsal im Frühjahr 2010 ergab, dass sich die Bank bereits Monate vor ihrem Kollaps nur noch mit Bilanzmanipulationen über Wasser gehalten hatte. Lehman Brothers hatte sich mit zwielichtigen Geldgeschäften namens "Repo 105" schöngerechnet. Dabei bediente sich die Bank eines Buchungskniffs: Sie verlieh Wertpapiere in Höhe von rund 50 Milliarden Dollar, um im Gegenzug Bargeld zu erhalten. Solche Geschäfte können in den Büchern als "Verkäufe" verbucht werden. Die Verbindlichkeiten verschwinden dort für kurze Zeit, so dass die Schuldenbilanz künstlich verbessert wird.

Basierend auf Informationen des mit der Untersuchung beauftragten Anwalts Anton Valukas, wirft der New Yorker Staatsanwalt Andrew Cuomo Ernst & Young vor, nicht nur von diesen Tricks gewusst, sondern die Investmentbank auch noch dabei unterstützt zu haben.

Die Bank war einer der lukrativsten Kunden von Ernst & Young. Nach Informationen des Wall Street Journal zahlte sie für die Bilanzprüfungen zwischen 2001 und 2008 rund 150 Millionen Dollar. Die Staatsanwaltschaft verlangt, dass Ernst & Young dem Staat New York ebenso viel Bußgeld zahlt. Außerdem drohen Schadenersatzforderungen von Investoren. "Ernst & Young haben die inzwischen bankrotte Lehman Brothers Holdings Inc. maßgeblich dabei unterstützt, sich auf massiven Buchhaltungsbetrug einzulassen", so Coumo in seiner Anklageschrift. Von der Beraterfirma gab es bis zum Abend (Ortszeit) keine Stellungnahme.

Kein Einzelfall?

Die größte US-Bank, die Bank of America, steht ebenfalls unter Beobachtung, weil sie ähnliche Bilanzierungstricks benutzt hat. Die Bank musste vom amerikanischen Steuerzahler mit 45 Milliarden Dollar vor dem Kollaps bewahrt werden. Sie hat die Hilfen jedoch inzwischen auf Dollar und Cent an den Staat zurückgezahlt.

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