piwik no script img

Wirtschaft und universitäre ForschungEine Großpackung Lehrstühle

Eine Stiftung, die dem Discounter Lidl nahesteht, finanziert 20 BWL-Professuren an der TU München. Die Uni sieht darin kein Problem.

Zehn Professuren für fünf Euro? Fabelhaft, diese Sonderangebote von Lidl Foto: dpa

So ein großzügiges Weihnachtsgeschenk bekommt selbst die von Wirtschaftsgeldern verwöhnte TU München nicht oft. Die Lidl-nahe Dieter-Schwarz-Stiftung bezahlt künftig 20 neue Professuren an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät. Das ist in diesem Ausmaß einmalig.

Normalerweise können oder wollen sich Stifter nur eine oder zwei Professuren leisten, üblicherweise über fünf oder zehn Jahre. Danach soll die öffentliche Hand weiterbezahlen. Das ist ja der Sinn: Einmal bezahlen, dauerhaft von der Forschung profitieren.

Über so einen Deal kann sich nun auch die Dieter-Schwarz-Stiftung freuen, die der Firmengründer des Discounters Lidl gegründet hat. Als Gegenleistung für das wohl dreistellige Millionengeschenk – die konkrete Summe wollten die Projektpartner nicht verraten – willigte die Münchner Uni ein, einen neuen Campus außerhalb Bayerns mit aufzubauen: Ab dem Wintersemester 2018/19 sollen rund 1.000 Studierende dank des Stiftungsgeldes in Heilbronn – der Geburtsstadt von Dieter Schwarz – BWL studieren können, und zwar als Studierende der TU München. Das lockt wertvolles Personal nach Heilbronn. Und davon profitieren möglicherweise auch heimische Unternehmer.

Man muss kein Kritiker von Stiftungsprofessuren sein, um zu sehen: Der Stifter hat hier längst Einfluss auf die Forschung genommen, noch bevor die erste Professur ausgeschrieben oder besetzt ist. Die TU München hingegen sieht in der Kooperation kein Problem. Sie halte sich an einen strengen Kodex, der eine Einflussnahme ausschließe, sagte der Uni-Präsident der Süddeutschen Zeitung.

Damit spielt die Uni ein Spiel mit, das die Rolle des Staates in der Hochschulfinanzierung immer stärker aushöhlt. Von den 1,4 Milliarden Euro, die der TU München 2016 als Budget zur Verfügung standen, zahlte das Land Bayern über die Grundfinanzierung gerade mal 630 Millionen Euro. Den Rest warb die TU selbst ein. Sie ist stolz darauf. Die Folgen nimmt sie wie auch alle anderen Hochschulen in Kauf: Mitarbeiter, die über solche Drittmittelprojekte angestellt sind, werden nur für die Dauer des Projekts angestellt.

Immerhin das soll den künftigen Lidl-Professoren erspart bleiben. Sie sollen auf Lebenszeit forschen dürfen – vorausgesetzt, der Stifter zieht nicht irgendwann das Geld zurück.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Solche Drittmittel sollten an die Uni gehen und von dieser ohne Einflussnahme des Spenders verwaltet werden ansonsten sind dies nur Einflussnahme und Bestechung.

     

    Früher hat es mal eine Aussage gegeben:

     

    Die Lehre und Forschung sind frei ( unabhängig ) ...

     

    Dies sollte sowohl als Selbstverpflichtung als auch als Privileg gesehen werden ...

  • Die staatliche Universitätsfinanzierung reicht meist nicht mal um die Grundlagenlehere abzudecken, und damit scheinen sich alle abgefunden zu haben.

    Ein Drittmittelprojektprojekt dauert 2-5 Jahre. Wenn man seine Forschungsagenda gut plant, bekommt man sie eigentlich ganz gut in 1-2 Drittmittelprojekten unter. Im täglichen überlebenskampf der Wissenschaftler ist der Rechtsrahmen der Universitätzen ein größeres Problem, als die Zeitverträge aus Drittmitteln.

    Der Rechtsrahmen sorgt für sehr strikte Perspektiven: Man darf nur 6 Jahre vor- und 6 Jahre nach der Promotion auf Zeitverträgen beschäftigt sein. Die Ausnahme für Drittmittel ist inzwischen gestrichen. Unbefristete Verträge können also nur aus der sehr knappen staatlichen Uni-Finanzierung geschaffen werden, da das Haushaltrecht Verträge ohne gesicherte unbefristete Finanzierung verbietet und das Dienstrecht den Ausweg der beriebsbedingten Kündigung verhindert.

    Sind die 12 Jahre vorbei, gibt es im wesentlichen drei Möglichkeiten: Professur (aka Glücksspiel), Industrie oder Arbeitslos.