■ Winnie Mandela erneut Präsidentin der ANC-Frauenliga: Inszenierte Einheit
Die Inszenierung Winnie Mandelas als „Mutter der Nation“ ist eine Leistung, die man fast schon bewundern möchte, wäre sie nicht gleichzeitig so grotesk. Kein anderes Idol des langen Kampfes gegen die Apartheid-Regierung ist so tief gefallen wie sie. In den drei Jahren der Amtszeit von Präsident Nelson Mandela hat sich seine geschiedene Ehefrau systematisch ins politische Abseits katapultiert, so schien es. Angeschlagen, isoliert, hochverschuldet? Alles falsch! Eine selbstbewußte, starke Frau feiert jetzt ihren verdienten Triumphzug, getragen auf einer Welle der Sympathie – so hieß jetzt die Regieanweisung.
Zweifellos hat Winnie Mandela noch ihre Anhängerschaft, vor allem unter radikalen Township- Jugendlichen, denen Nelson Mandelas Versöhnungswillen allzuweit geht. In ihrer Partei allerdings ist sie höchst umstritten. Jetzt ein politisches Comeback vorherzusagen, ist verfrüht. Die ANC-Führung liebt die Diva nicht mehr. Ihre Wiederwahl als Präsidentin der Frauenliga konnte und wollte sie am Ende aber nicht verhindern. Die einzige ernsthafte Gegenkandidatin verzichtete mangels Erfolgsaussichten.
Das war das kleinere Übel, um die seit Jahren drohende Spaltung der ANC-Frauenorganisation zu verhindern. Alles kann der ANC gebrauchen, nur nicht den Eindruck, nicht einig zu sein. Einheit wurde groß buchstabiert auf dem Parteitag der Frauenliga, wohlwissend, daß der Frauenverband davon weit entfernt ist. Die dringend nötige politische Neuorientierung mußte ausfallen. Statt dessen besann man sich lieber auf Unverfängliches: den Befreiungskampf. Das Dilemma des ANC wird damit einmal mehr überdeutlich. Breite Unterstützung erhält er als populistische Befreiungsbewegung und nicht als Partei, die sich oft schwertut mit dem Regieren. Winnie Mandela ist kein Programm, sondern Vergangenheit.
Der Kongreß der Frauenliga war auch ein Vorspiel zu dem Ende des Jahres stattfindenden nächsten Parteitag des ANC. Dann wird offiziell Mandelas Nachfolger als Vorsitzender gewählt. Auf Kampfabstimmungen läßt man sich auch da gar nicht erst ein. Die Nachfolge ist längst entschieden. Thabo Mbekis Konkurrenten wurden systematisch ausgeschaltet. Übermäßig demokratisch geht es dabei nicht zu. Obwohl es seit Monaten heftig gärt im ANC, wird nach außen Einheit zelebriert, denn der Wahlkampf für 1999 hat längst begonnen. Dafür nimmt man sogar Winnie Mandela in Kauf. Kordula Doerfler
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