Windows 8 im Test: Bing, Bing, Bing!
Das neue Windows 8 ist bunte Revolution und dreiste Werbeplattform zugleich. Eine Reise durch das neue Betriebssystem.
BERLIN taz | Das neue Windows 8 verspricht minimalistische Formen, fliegende Flächen, flashige Bewegungen. Eine völlig neue Handhabung soll das Betriebssystem zukunftsfähig machen, so Microsoft. Der erste Eindruck nach der Installation: viele bunte Kästchen auf dem Startbildschirm.
Das neue Windows 8 ist wie ein VW-Bulli mit Hippiebesitzern: Eckig, bunt und breit. Breit, denn der Windows-8-Startbildschirm scrollt nach rechts. Zwischen den vielen bunten animierten Kästchen geht es auf Suchmaschinensuche.
Versteckt zwischen einem Haufen Bing-Anwendungen – Bing ist Microsofts Suchmaschine – findet sich der Internet Explorer, der momentan in einem Kartellverfahren untersucht wird. Natürlich startet der Browser ebenfalls mit Microsofts MSN als Startseite und der Bing-Suche. Oh Schreck, die Aufmache der Microsoft-Suchmaschine wirft den User in die 90er zurück. Wo bleibt die versprochene Zukunft?
Windows 8 versucht all seine unglücklichen Kinder unterzubringen und zwingt den Neubenutzer eine Hotmail-Emailadresse einzurichten, um einige Anwendungen nutzen zu können. Der einzige Vorteil: Durch die Adresse synchronisieren sich die Änderungen, wenn Windows 8 von verschiedenen Systemen wie Tablett, Laptop und Smartphone benutzt wird.
Ungekennzeichnete Werbung auf dem Startbildschirm
Wirklich nervig sind die voreingestellten Bing-Apps auf der Stadtseite: „Reise“, „Karte“ und gleich drei Nachrichtenfelder linken auf Bing. Dazu verbergen sich hinter dem Wetter und der Reiseapp weitere Werbepartner wie der US-Reiseführerverlag „Frommer's“, das Onlinereisebüro „Kayak.com“ und die Wetterseite „Weather2travel“.
Windows hat das Design der Apps angepasst, so dass es kaum auffällt, dass die Inhalte von kommerziellen dritten Unternehmen stammen. Ungekennzeichnete Werbung auf dem Startbildschirm macht den Spaß an Windows 8 kaputt. Zumindest lassen sich die Apps verstecken und löschen. Mit etwas Aufwand lässt sich auch ein neuer Browser installieren und zur gewohnten Google-Suche zurückkehren: Tschüss Bing.
Ja, es ist ein Kampf mit den Apps und die Maus ist nicht gerade die geeignetste Waffe. Die Bedienung ist touchig: greifen, geklickt halten, ziehen, loslassen. Für Fingerspitzen ist es sicher einfacher. Aber das verzweifelte Klicken in den Ecken des Bildschirms, dort wo eigentlich das Menü aufpoppen sollte, ist mit der Maus nicht sonderlich intuitiv.
Nur ein bisschen neu
Für entnervte User gibt es den herkömmlichen Desktop, wie in den Vorgängerversionen auch. Das ist schade, denn das Konzept der bunten Flächenwelt ist nicht zu Ende gedacht. Alte Programme funktionieren nur auf dem alten Desktop. Es fehlt die allumfassende Erneuerung. Windows 8 ist nur ein bisschen neu.
Trotz fragwürdiger Konkurrenzverdrängung, dreister Werbung auf der Startseite und einem nicht ausgereiften Konzept ist Windows 8 die Zukunft. Es ist ein Designwunder, auch wenn es noch nicht perfekt ist. Es war die richtige Entscheidung für Microsoft, egal wie viele Witze auch gemacht werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“