Windenergie-Krise: Abflauende Investitionen
Die Windenergie-Branche ist in der Krise. Doch in Bremen ist man zuversichtlich, dass sich die Lage bald bessert. Profitieren könnten dann andere.
BREMEN taz | Die schlechten Anzeichen in der Branche mehren sich. Dabei ist die Windenergie – vor allem jene offshore – doch eine der ganz großen wirtschaftlichen Hoffnungen Bremerhavens.
Derzeit ist es die Firma Areva Wind, die mindestens vorübergehend Arbeitsplätze abbauen will: Wo heute noch 660 Menschen arbeiten, sollen es bis Jahresende nur noch 500 sein. Die meisten Stellen werden dabei in Bremerhaven wegfallen, weitere in Stade. Und erst kürzlich kündigte der Anlagenbauer Weserwind an, 80 LeiharbeiterInnen nach Hause zu schicken und die 400-köpfige Stammbelegschaft in Kurzarbeit zu schicken.
Auch der Maschinenhersteller Repower, der jetzt Senvion heißt, in Bremerhaven, aber auch anderswo im Norden aktiv ist und zum fünftgrößten Windenergieanlagenhersteller der Welt gehört, hat jüngst mehrere Hundert Mitarbeiter nach Hause geschickt. Nebenan, in Cuxhaven, hat zuletzt der auf Offshore-Windparks spezialisierte Stahlbauer CSC dicht gemacht. Und auch der Offshore-Pionier Bard hat den Betrieb wegen fehlender Aufträge ganz eingestellt, nur ein Teil seiner Leute wurde von einer neuen Emder Firma übernommen. Zuletzt hatte das Unternehmen gut 800 Millionen Euro Schulden in der Bilanz, die Suche nach Investoren blieb erfolglos. Und die Liste angeschlagener Firmen ließe sich noch fortsetzen.
Ist die Branche in der Krise? „Die drohende Massenentlassung ist ein alarmierendes Signal für den Offshore-Standort Bremerhaven“, sagt der grüne Arbeitsmarktpolitiker Frank Willmann, der selbst aus Bremerhaven kommt. „Die Situation spitzt sich dramatisch zu, nach dem Boom folgt gerade die große Unsicherheit“, kommentiert die Linkspartei. Die aktuelle Entwicklung sei, auch in der Tendenz, „nicht überraschend“, heißt es aus dem SPD-geführten Wirtschaftsressort von Martin Günthner. „Wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen, dann wird von den Investoren ganz schnell der Stecker gezogen“, sagt der Ressortsprecher.
Zumal gerade Projekte auf dem Meer immens teuer sind, lange Planungs- und Bauzeiten haben. Immer wieder geht es um Fragen der Netzanbindung oder der Vergütung. In Bremen macht man für derlei Unsicherheiten vor allem die alte, schwarz-gelbe Bundesregierung verantwortlich.
Doch auch die Große Koalition hat schon für Verärgerung gesorgt. SPD-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel will weniger Geld für Windstrom aus dem Meer zahlen: Im Moment gibt es, acht Jahre lang, 19 Cent je Kilowattstunde für Strom aus Offshore-Windparks. Dieses Modell läuft 2017 aus, 2018 und 2019 sollen es dann je ein Cent weniger sein, heißt es nun. Im Herbst wurde das noch anders diskutiert, kritisieren Branchenvertreter. „Das ist für Bremerhaven ein schlechtes Signal“, sagen die Grünen.
„Das ist keine hausgemachte Krise der Offshore-Branche“, sagt Ronny Meyer, Geschäftsführer der Windenergie-Agentur WAB in Bremerhaven. Schuld an der derzeitigen Lage seien einzig die unklaren Vorgaben aus der Politik. „Das ist der einzige Grund.“ Doch spätestens im Sommer, glaubt Meyer, werde die Unsicherheit ein Ende haben. In Jobs, etwa in Bremerhaven, wird sich das dann aber erst im kommenden Jahr niederschlagen. Auch im Wirtschaftsressort geht man davon aus, dass die derzeitige Krise der Branche nur eine vorübergehende ist.
Deswegen versucht die Politik nun, Areva Wind davon zu überzeugen, doch auf Kurzarbeit zu setzen statt auf Entlassungen. Der Konzern selbst hat angekündigt, die Produktion in 15 Monaten wieder aufzunehmen. In Bremerhaven? Unklar! Es könnte gut sein, dass die Produktion nach Frankreich verlegt wird. Offiziell wird das noch dementiert.
Am geplanten Offshore-Terminal in Bremerhaven (OTB) hält der Wirtschaftssenator jedoch fest. Bis 2020 sollen 6.500 Megawatt Offshore-Leistung installiert werden, bis 2030 sollen es 15.000 Megawatt sein. Auch Meyer hält den OTB daher für „definitiv notwendig“. Im politischen Bremen indes wurde er schon wieder in Frage gestellt. Der OTB verzögert sich, so viel ist klar, vor 2017 wird er nicht eröffnet. Aber im Grunde, so das Ressort, sei das der Sache „eher dienlich“.
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