Wilhelm-Leuschner-Medaille für Koch: Ehrung nicht „alternativlos“

Der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch erhält die höchste Auszeichnung Hessens. Viele Politiker blieben dem Festakt fern.

Eine Büste, im Hintergrund drei Preisträger

Vorne Wilhelm Leuschner, hinten die Preisträger: Brigitte Zypries (SPD), Roland Koch (CDU) und Salomon Korn Foto: dpa

WIESBADEN taz | Als Koch den roten Teppich betritt, wird er mit Trillerpfeifen empfangen. „Nehmen Sie den Preis nicht an, Sie haben ihn nicht verdient“, tönt es aus Lautsprechern. 300 Demonstranten sind gekommen, Gewerkschafter, Linke, SPDler und ein paar Grüne. Sie halten Plakate hoch. „Keine Ehrung für Sozialabbau“, „Kochs Zutaten: Lug und Trug“.

Redner erinnern an Roland Kochs Kampagne gegen den Doppelpass, an die Tarnung des Schwarzgelds der hessischen CDU als angebliche „jüdische Vermächtnisse“, an den Ausstieg Hessens aus der Tarifgemeinschaft der Länder, den ihm die Gewerkschaften bis heute nicht verziehen haben.

Die Wilhelm-Leuschner-Medaille, die Koch erhält, ist nach dem engagierten Gewerkschafter und ehemaligen hessischen Innenminister, den die Nazis ermordeten, benannt. Leuschner habe, anders als Koch, stets für soziale Gerechtigkeit und gegen Diskriminierung gekämpft, sagen die Protestierer.

Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hat die diesjährigen Preisträger der höchsten Auszeichnung des Landes Hessen ausgewählt: Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD), den Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, Salomon Korn, und eben seinen Vorgänger und Parteifreund Roland Koch. Bouffier hat für diese Entscheidung viel Kritik geerntet. SPD und Linke warfen ihm „parteipolitisches Kalkül“ vor. Bouffiers grüner Koalitionspartner zeigte sich irritiert. „Auf ihn als Preisträger wären wir nicht gekommen“, lautete die offizielle Sprachregelung der Grünen.

Als Demokrat zum Kompromiss fähig

Im Saal vor 200 geladenen Gästen nannte Bouffier die Kritik an Kochs Ehrung höchst bedauerlich. Koch sei Konflikten nie aus dem Weg gegangen und sei dabei auch angeeckt. „Manche haben ihn deshalb dämonisiert“, sagt Bouffier. Doch Koch habe stets gezeigt, dass er als Demokrat zum Kompromiss fähig sei.

So habe sich Koch sich für eine Staatsbürgschaft zu Gunsten der wirtschaftlich angeschlagenen Frankfurter Rundschau eingesetzt, obwohl die ihm zuvor mit „Angriffen und Schmähungen“ zugesetzt habe, sagte Bouffier.

In seiner Dankesrede gab sich Koch versöhnlich. Seine Art, Konflikte auszutragen, habe wohl gelegentlich auch Verwundungen verursacht, „auch bei mir“. Dass diese Verwundungen heilen mögen, sei sein Wunsch, so Koch. Dass allerdings in den letzten Jahren politische Entscheidungen regelmäßig als „alternativlos“ dargestellt würden, sei für die Demokratie gefährlich. Koch nannte als aus seiner Sicht schlechte Beispiele für politische Kommunikation die den WählerInnen „nicht erklärte Hartz-IV-Reform“ und die ohne echte politische Debatte eingeführte „Ehe für alle“.

Die erste Reihe von SPD, Grünen und Linken blieb dem Festakt fern. Als einziger prominenter Grüner kam der frühere Justizminister Rupert von Plottnitz. „Um die beiden anderen Preisträger zu ehren“, versicherte er der taz.

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