Wiederöffnung von Museen in Berlin: Vorsichtige Kunstbesuche
Einige Berliner Museen haben ab 12. Mai wieder geöffnet. Das ist eine logistische Herausforderung und auch ökonomisch nicht einfach zu bewältigen.
Warten bedeutet im Haus am Waldsee allerdings keine Strafe. Der große Garten, der das Gebäude umgibt, ist zauberhaft. Am Seeufer sind zahlreiche Stühle aufgestellt, von denen man auf die spiegelnde Wasserfläche und die sich dort tummelnden Flugenten blicken kann. Das Haus am Waldsee gehörte zu den ersten Institutionen, die nach dem Erlass der Lockerungen wieder dem Publikum öffneten.
Schwerer tun sich die größeren Institutionen. Der Gropius-Bau öffnete am 11. Mai die Tore. Zugänglich ist die Ausstellung „Akinbode Akinbiyi: Six Songs, Switrling Gratefully in the Taut Air“, die erst kurz vor dem Lockdown eröffnet wurde. Ganz neu ist die Einzelausstellung des taiwanischen Künstlers Lee Mingwei „Li, Geschenke und Rituale“. Sie war bereits halb aufgebaut, als die Schließungsorder kam. „Wir haben sie dann weiter aufgebaut, auch um den freiberuflichen Ausstellungsaufbauern noch Arbeitsgelegenheiten zu gewähren“, erzählt Stephanie Rosenthal, Direktorin des Gropius-Bau, der taz.
Jetzt ist die Ausstellung frisch zu besichtigen. Natürlich unter besonderen Bedingungen. „Der Zugang zum Haus und zu den Ausstellungen ist limitiert. Ein- und Ausgänge sind räumlich getrennt. Ein Leitsystem wurde entwickelt. Die Garderobe bleibt geschlossen“, teilt Rosenthal mit.
Folgen des Outsourcings
Im Hamburger Bahnhof, Berlins größtem Haus für zeitgenössische Kunst, ist eine Eröffnung noch nicht absehbar. Je größer das Haus, desto komplexer offenbar auch die Exit-Strategie. „Mit einem bloßen ‚Tür auf!‘ ist es nicht getan“, bemerkte Christina Haak, Stellvertretende Generaldirektorin der Staatlichen Museen zu Berlin, zu denen auch der Hamburger Bahnhof gehört, in einem Interview auf der Website. Haak wies auf Lieferengpässe bei Plexiglasscheiben hin: „Das ist das neue Toilettenpapier.“ Aber auch die Folgen des Outsourcing sind zu spüren – in Form des erhöhten Koordinationsbedarfs mit zahlreichen Dienstleistern für Aufsicht, Bewachung und Reinigung.
Immerhin eröffnen einige der Museen auf der Berliner Museumsinsel am Dienstag. Es handelt sich um das Alte Museum, die Alte Nationalgalerie sowie das 360-Grad-Panorama des Pergamonaltars. Auch die Gemäldegalerie am Kulturforum soll ab heute wieder Besucher empfangen dürfen. Dafür müssen aber Zeitfenstertickets erworben werden, vorzugsweise online (www.smb.museum/tickets), je nach Verfügbarkeit auch an den Kassen vor Ort.
Die Touristen fehlen und damit Einnahmen
Die großen Institutionen eröffneten nicht nur aus logistischen Gründen noch nicht am frühestmöglichen Termin, dem 4. Mai, sondern auch aus ökonomischen Erwägungen. Denn aktuell müssen sie auf einen Großteil ihrer Besucherinnen und Besucher verzichten. Auf 70 bis 80 Prozent schätzt Haak den Anteil der Touristen am Publikumsaufkommen in den Häusern der Museumsinsel. Und die werden jetzt noch nicht kommen. Zwar rechnet Haak mit Mindereinnahmen von bis zu zwei Millionen Euro pro Schließungsmonat. Ein offenes Museum kostet aber auch mehr – und die reduzierten Einnahmen können dies nicht auffangen.
Auch andere Ausstellungshäuser leiden darunter. „Eine Öffnung bedeutet wirtschaftliche Defizite. Wer öffnet, muss mit geringen Besuchszahlen rechnen, denn um Personal und Besucher*innen schützen zu können, muss auch die Anzahl der Besucher*innen reguliert werden. Dies bedeutet im Zweifel geringere Einnahmen bei gleichzeitigen Fixkosten und steigenden Ausgaben für die notwendigen Maßnahmen“, erklärte Thomas Köhler, Direktor der Berlinischen Galerie und Vorstandsvorsitzender des Landesverbands der Museen zu Berlin. Er forderte: „Wenn die durch große Heterogenität gekennzeichnete Berliner Museumslandschaft weiterhin in ihrer Vielfalt bestehen bleiben soll, muss auch die Politik handeln und in die Pflicht genommen werden.“
Ausfallende Projekte
Gefährdet ist im Falle der größeren Häuser sicherlich nicht der Bestand selbst. Aber viele Ausstellungsprojekte werden zumindest anteilig durch Zuschauereinnahmen finanziert und drohen jetzt ganz auszufallen oder auf einen späteren Zeitpunkt verschoben zu werden. Das bedeutet wiederum Verschiebungen oder Ausfall von Folgeprojekten. Selbst wenn die Covid-19-Pandemie medizinisch beherrscht sein sollte, wird der Kulturbereich also noch länger, bis ins übernächste Jahr hinein, die Folgen spüren.
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