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Wiederholt durch Gewalt auffälligEntsetzen über Rostock-Fans

Beim Zweitligaspiel in Paderborn haben Anhänger von Hansa Rostock für Randale gesorgt und zahlreiche Menschen verletzt. Und das nicht zum ersten Mal.

Home Deluxe Arena: Sanitäter stehen vor dem Stadion bei einem Einsatz vor ihren Rettungswagen, nachdem Rostocker Fans Menschen verletzt hatten Foto: David Inderlied/dpa

Paderborn dpa | Die schweren Ausschreitungen beim Zweitligaspiel zwischen dem SC Paderborn und Hansa Rostock haben Entsetzen und eine Debatte über Konsequenzen für gewaltbereite Zuschauer ausgelöst. „Man muss sich bei der DFL und dem DFB überlegen, ob man Vereine, die Fans haben, die zu solcher Gewalt neigen, überhaupt noch in andere Stadien lässt“, sagte Paderborns Geschäftsführer Martin Hornberger dem TV-Sender Sky.

Die Anhänger der Rostocker hatten bei der 0:3-Niederlage am Freitagabend in SC Paderborn für folgenreiche Randale gesorgt. Sie zündeten Pyrotechnik, bewarfen Polizisten mit Gegenständen und zerlegten Getränke- und Imbissbuden. „Sie haben volle Gewalt gezeigt“, sagte Hornberger. Wegen des Votums für einen Investoren-Einstieg in der Deutschen Fußball Liga (DFL) hatten die Polizei und der SC Paderborn mit Fan-Protesten während des Spiels gerechnet. „Die Geschehnisse im Stadion des SCP07 gehen jedoch weit über das zu erwartende Maß hinaus“, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung.

Hornberger war entsetzt. „Wir hatten Spieler, die nicht mehr rauswollten, weil sie Angst hatten und sich sehr bedrückt gefühlt haben“, schilderte der 62-Jährige die Situation. Die massiven materiellen Schäden schätzt er auf mehr als 100 000 Euro. Dafür soll der Gastverein aufkommen. „Wir werden die Rechnung Hansa Rostock schicken. Wir können ja nichts dafür“, sagte Hornberger. Hansa-Sportdirektor Kristian Walter hatte sich im Namen des Vereins direkt nach der Partie „komplett“ von den Ausschreitungen distanziert.

Die Partie war von Schiedsrichter Wolfgang Haslberger zweimal für mehrere Minuten unterbrochen worden, da im Gästebereich Pyrotechnik gezündet wurde. Während der Partie verließen nach Polizeiangaben etwa 150 gewaltbereite Gästefans den Stehplatzbereich und bewarfen Mitarbeiter des Ordnungsdienstes und Polizisten mit diversen Gegenständen. „Insgesamt acht Ordnungsdienst-Mitarbeiter und zwölf Polizeibeamte erlitten Verletzungen, eine Polizistin musste mit einer Schnittverletzung in einem Paderborner Krankenhaus behandelt werden“, hieß es in der Mitteilung des Vereins und der Polizei.

Kurz vor Ende der Partie sei dann ein Hansa-Fan über einen Zaun in den Sitzplatzbereich geklettert und habe dort einen neutralen Zuschauer schwer am Kopf verletzt. „Der Mann musste per Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht werden“, so Polizei und Club. Nach Spielschluss kam es dann zu keinen weiteren Ausschreitungen mehr im Stadionbereich.

„Ich bin seit 22 Jahren in verantwortlicher Position beim SC Paderborn 07, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt“, sagte Hornberger. Hansa-Torwart Markus Kolke, der mit einer Roten Karte des Feldes verwiesen wurde, sagte: „Raketenbeschuss muss wirklich nicht sein. Da kann so viel passieren. Ich bin glücklich, dass davon niemand getroffen wurde.“

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5 Kommentare

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  • Der Abschaum der Gesellschaft findet om Fussball die geeignete Plattform, um sich zu entladen. Woran das wohl liegt?



    Seit jahrzehnten wird das von Vereinen und Verbänden hingenommen. Nichts ist passiert.



    Hauptsache die Kasse klingelt und die sogenannte "Stimmung auf den Rängen" ist garantiert. Wie krank ist das denn???



    Der Fussball ist das Spiegelbild unserer gewaltorientierten Gesellschaft!!!

  • Ich empfehle im Kontext "Abseits", des großartigen Enki Bilal. Eine dystopische Science Fiction Geschichte über die Zukunft des Fußballs, die in Anbetracht solcher Vorkommnisse gar nicht all zu übertrieben erscheint.

  • Hoffentlich steigen sie ab und verschwinden in der Bedeutungslosigkeit!

  • “Hansa-Sportdirektor Kristian Walter hatte sich im Namen des Vereins direkt nach der Partie „komplett“ von den Ausschreitungen distanziert”

    Jahrein, jahraus – oder randalaein, randaleaus – hören wir diese Unschuldslammversicherung. Und nix ändert sich in oder rund um diesen Verein. Er ist leider seit langem zu einem Nistplatz Rechtsradikaler Gewalttäter geworden und was getan wird (falls überhaupt irgendwas getan wird), um diese feindliche Übernahme des Klubs zu bekämpfen und beenden, zeigt Nullresultat. Also, denke ich, muss in der Tat der Klub bestraft, von allen Teilnahmen suspendiert werden, bis er diesen Krebs angeht und besiegt hat.

    Im Übrigen denke ich, dass dies im Sinne der genuinen „Anhänger der Rostocker“ sei. Denn wer im Artikel als „Anhänger der Rostocker“ bezeichnet wird, ist in Wirklichkeit der schlimmste Feind des Klubs.

    • @Ardaga:

      Seit Jahrzehnten immer wieder eine ähnliche Gemengelage. Es fällt schwer, hier nicht reflexartig drastische Sanktionen zu fordern und auch an wirkmächtige Strafen mit Signalwirkung zu denken. Es trifft dann aber wahrscheinlich auch die Harmlosen.



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      "Seit Mitte der neunziger Jahre werde vom Deutschen Fußballbund (DFB) ein sozialpädagogisches Fanprojekt gefordert. Vor allem der Jugendbereich sei jahrelang ohne Betreuung und Begleitung gewesen und die Folgen könne man heute sehen. So wirft Nico Stroech ein, dass der Wandel in der Fanszene hin zur Ultrakultur, der sich seit 2000/2001 vollzogen hat, gänzlich ohne Begleitung ablief. Diese Ultrafans seien für andere Bereiche der Jugendhilfe nicht zu erreichen, ergänzt Martin Brochier. Gerade in Mecklenburg-Vorpommern sei zu beobachten, dass die Hansafans einen starken Bezug zu der eigenen Stadt/Region entwickelt haben. Also wieder die traditionelleren Werte zählen: „meine Stadt, mein Verein“...."



      www.endstation-rec...fanprojekt-rostock