Wieder Zoff in Dresden: Weltkulturerbe wird zugebaut
Weil der Verlust des Unesco-Titels droht, stieß die Stadt Teile des Elbhangs ab. Jetzt droht die Betonierung. Denkmalschützer und Oppositionsparteien sind entsetzt
Die Uhr tickt. Wenn sich im Dresdner Brückenstreit nichts tut, wird die sächsische Landeshauptstadt im kommenden Jahr nicht mehr auf der Unesco-Liste des Weltkulturerbes zu finden sein. Eifrig planen einige im Stadtrat die Zeit danach.
Am Elbhang, in Sichweite der im Bau befindlichen Waldschlösschenbrücke, sollen schmucke Villen entstehen. Dass das Gebiet bald nicht mehr vom Unesco-Titel geschützt wird, beflügelt die Gestaltungsfantasie. Den Weg dafür bereitete ein Beschluss des städtischen Finanzausschusses. 11.900 Quadratmeter Elbhang gingen demnach für gerade mal 665.000 Euro über den Tisch. Anfangs war von nur rund 3.000 Quadratmeter Wohnfläche die Rede.
Denkmalschützer und Grüne sind empört. "Der Elbhang darf nicht zur Investorenspielwiese verkommen", warnt Johannes Lichdi von der grünen Stadtratsfraktion. Der Beschluss sei ein Tabubruch. Für die Linke-Fraktion im Rathaus ist der Verkauf symptomatisch: "Hier wird bewusst der Betonlobby Vorschub geleistet", bemängelt Linke-Fraktionsvorsitzende André Schollbach. Dabei sollte der Elbhang auf keinen Fall bebaut werden.
Tief gespalten erscheint die Stadt nach dem Brücken-Streit und der Privatisierung kommunaler Wohnungen. Vor zwei Jahren waren die städtischen Wohnungen an einen US-Investor verkauft worden, um die Schulden der Stadt zu tilgen. Der Streit um den Verkauf führte sogar zur Spaltung der linken Stadtratsfraktion in Dresden. Die Abspaltung Linksfraktion.PDS stimmte gegen die Linke und mit der CDU für den Elbhang-Verkauf.
Nun soll mit dem Grundstück am Elbhang erneut städtisches Vermögen verkauft werden. "Das Grundstück ist für die Kommune für immer weg. Und das Geld ist schnell ausgegeben", kritisiert Schollbach. Die geringe Summe sei für den Haushalt kein entscheidender Faktor. Außerdem gebe es ja keine Verpflichtung für die Stadt, ihr Grundeigentum unbedingt abzugeben.
Die Stadtverwaltung sieht stattdessen Handlungsbedarf: Von "Restbaukörpern in einem stark erneuerungsbedürftigen Zustand" spricht der Beschluss des Finanzausschusses. Eine Aufwertung des Areals sei aus städtischer Sicht wünschenswert. Die Nutzung durch eine Stiftung sei in den 90er-Jahren gescheitert, ebenso wie spätere Verkmarktungsversuche. Aus den 90er-Jahren stammt auch das Gutachten, das bei der Preisbildung herangezogen wurde. Seitdem seien die Bodenpreise gesunken.
Die Emotionen der Verkaufsgegner beschwichtigen möchte Helfried Reuther, Sprecher der CDU-Fraktion. Andere Bauten in dem Gebiet seien von der gegenüberliegenden Elbseite auch nicht sichtbar und nennt als Beispiel einen nahe gelegenen Wohnblock. "Man sollte erst mal die Planungen abwarten. Es sollen sicher keinen dominanten Bauten entstehen", so Reuther.
Mit dem letzten Punkt hat er wohl recht, denn mit Blick auf die barocke Altstadt werden keine Sozialwohnungen geplant. Die Investoren - drei Männer aus der Dresdner Immobilienbranche - möchten dort ganz privat neben Schloss Albrechtsberg zu Hause sein. In Kürze soll es einen Architektenwettbewerb für das Areal geben. Außerdem steht noch die Genehmigung des Forstamts aus. Es könnte als noch dauern, bis am Elbhang Bäume fallen und Bagger anrücken.
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