Wieder Tote bei Freitagsprotesten in Syrien: Hunderttausende auf den Straßen
Die arabischen Beobachter haben die Lage in Syrien nicht beruhigen können. Bei den Freitagsprotesten wurden wieder viele Menschen getötet.
KAIRO/BEIRUT dpa | Der Ärger über die Beobachter der Arabischen Liga hat in Syrien Hunderttausende Menschen zu landesweiten Anti-Regime-Protesten mobilisiert. In mehreren Städten strömten die Gegner von Präsident Baschar al-Assad nach dem Freitagsgebet auf die Straßen, um ihren Unmut über die auch nach Beginn der Mission anhaltende Gewalt kundzutun. Allein in der Provinz Idlib demonstrierten nach Auskunft der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London mehr als 250.000 Menschen. Mindestens 32 Menschen wurden landesweit getötet.
Nach Angaben von Aktivisten starben die meisten von ihnen in der seit Wochen umkämpften Oppositionshochburg Homs. Auch bei den Demonstrationen in anderen Landesteilen sei es zu heftigen Ausschreitungen gekommen. So hätten die Sicherheitskräfte des Regimes in Idlib auf die Teilnehmer der Proteste gefeuert und Tränengas eingesetzt.
Laut Nachrichtensender Al-Dschasira wurde in 18 Regionen demonstriert. Auch in Duma außerhalb der Hauptstadt Damaskus kam es bei einer Großdemonstration zu Zusammenstößen zwischen Aktivisten und Regierungstruppen. Der Sender Al-Arabiya berichtete von bis zu 100.000 Teilnehmern. Die staatliche syrische Agentur Sana meldete wiederum zahlreiche Pro-Assad-Demonstrationen.
Die Mission der arabischen Beobachter sorgt bei Oppositionellen zunehmend für Unmut, da die Regierungstruppen weiter gegen Assad-Gegner vorgehen. Die Zustimmung der syrischen Führung zu der Mission halten sie für ein Ablenkungsmanöver. Dem Regime gehe es allein darum zu verhindern, dass sich der UN-Sicherheitsrat mit der Krise befasse. Die Opposition fordert schon seit geraumer Zeit sogenannte Schutzzonen an der Grenze zur Türkei.
Beobachter-Teams setzen Mission fort
Die "Freie Syrische Armee" der Deserteure versprach dennoch in einer Erklärung, alle Angriffe auf die Regierung einzustellen, um den arabischen Beobachtern die Mission zu erleichtern.
Die Beobachter-Teams setzten ihre Besuche in den Krisenherden des Landes fort. Mehr als 100 Konfliktregionen wollen sie bis Ende Januar inspiziert haben. Am Freitag sprachen sie in der Stadt Harasta bei Damaskus mit Bewohnern, wie aus dem Umfeld der Mission verlautete. Die Agentur Sana berichtete über weitere Gespräche in Daraa und Hama. Zu Beginn der Mission hatten arabische Beobachter am Dienstag die Provinz Homs besucht.
Nach UN-Schätzungen sind seit Beginn des Aufstandes gegen Assad im März mehr als 5.000 Menschen getötet worden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Berliner Kultur von Kürzungen bedroht
Was wird aus Berlin, wenn der kulturelle Humus vertrocknet?
Argentiniens Präsident Javier Milei
Schnell zum Italiener gemacht
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?