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Wie weiter in Wilhelmsburg?Das IBA-Männlein springt noch

Die 2013 beendete Bauausstellung IBA erntet bei vielen Wilhelmsburgern Lob, von den damit verbundenen Hoffnungen wollen sie nicht Abschied nehmen.

Machte Wilhelmsburg für junge Leute interessant: das Dockville-Festival am Reiherstieg-Knie. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die IBA soll nicht verpuffen. Damit das viele Geld für die Internationale Bauausstellung in Wilhelmsburg nicht zum Fenster rausgeschmissen ist, hat der SPD-Senat ein „Zukunftskonzept 2013+“ zum Sprung über die Elbe erarbeitet. Das Rahmenkonzept ist mit der Bevölkerung in Wilhelmsburg entwickelt worden und soll den Schwung der Bauausstellung aufnehmen, um das Leben im Stadtteil auf Dauer zu verbessern.

Wie sich bei einer Anhörung der Bürgerschaft in der Patriotischen Gesellschaft gezeigt hat, finden viele WilhelmsburgerInnen das Konzept in Teilen unzulänglich. „Wir waren schon mal weiter“, fasste der Arzt Manuel Humburg vom Verein Zukunft Elbinsel zusammen.

Mit der IBA war der Versuch gemacht worden, exemplarisch Binnenentwicklung zu betreiben. Der Stadtteil ist Durch- und Übergangszone, durchschnitten von Verkehrswegen, eingekeilt zwischen Hafen und Industrie, aber auch mit großartigen Naturräumen gesegnet. Wilhelmsburg bietet den Platz, in zentraler Lage für den wachsenden Bedarf in Hamburg Wohnungen zu bauen. Der Stadtteil nimmt in großem Stil Zuwanderer auf, sodass auch das Thema Bildung hier von besonderer Bedeutung ist.

Anfang Dezember hat der Senat das IBA-Team beauftragt, künftig als Projektentwicklerin auf der Elbinsel weiterzuarbeiten. 4.000 Wohnungen soll sie im Stadtteil planen. Den Weg dafür frei gemacht hat die IBA selbst, vor allem, indem sie die Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße nach Osten an die Bahn erreichte. Doch das, was laut des Rahmenkonzepts nun folgen soll, sorgt angesichts der hochgespannten Erwartungen für Enttäuschung.

Sprung über die Elbe

Die Idee eines "Sprungs über die Elbe" - von der IBA später mit einem blauen Männlein symbolisiert - ergab sich aus dem Weiterdenken der Hafencity und dem Wunsch, dem "Problemstadtteil" Wilhelmsburg aufzuhelfen.

Eine Zukunftskonferenz entwickelte bereits 2001 viele der Ideen, die von der IBA aufgegriffen wurden, etwa die Verlegung der Reichsstraße oder "neuartige Verknüpfungen zwischen Schule, Sport, Freizeit, Elternhaus und Berufswelt", aber auch eine Internationale Gartenschau.

Das Abschlussjahr der IBA 2013 war zugleich das Jahr der Gartenschau. Erste Planungen zur IBA begannen schon 2006.

Noch immer haben viele nicht ihren Frieden mit der Verlegung der Reichsstraße gemacht – zumindest nicht in Form einer Autobahn, wie sie geplant ist. Zwar wird sich der Verkehrslärm nach den Prognosen der Planer auf einen viel engeren Korridor konzentrieren, dafür dürfte der autobahnähnliche Ausbau zusätzlichen Verkehr anziehen, der an der Rotenhäuser Straße über eine vierspurige Ausfahrt in den Stadtteil strömen könnte.

„Das ist der Einstieg in eine Verkehrsentwicklung, die nicht mehr zu bremsen ist“, sagte der Stadtforscher Dieter Läpple, der seit einiger Zeit in Wilhelmsburg wohnt. Das Rahmenkonzept des Senats sieht einen Ring von Haupterschließungsstraßen vor, der sich zu drei Vierteln im Stadtteil befände – wenn auch nur am Rand. Da der Lärm des Schwerlastverkehrs die geplanten neuen Quartiere beeinträchtigen wird, wollen die Planer die Wohnungen mit Büro- und Gewerbebauten abschirmen.

Mit einem solchen Plan falle der Senat selbst hinter den Masterplan der Hafenbehörde HPA von 2010 zurück, kritisierten mehrere Redner. Dieser sah vor, Lastwagen mit einem Gewicht vom mehr als 7,5 Tonnen aus weiten Teilen Wilhelmsburgs herauszuhalten.

Überhaupt falle das Zukunftskonzept hinter frühere Diskussionen zurück, die einen weiteren Handlungsspielraum vorsahen. „Die Hafengebietsgrenze spielte damals nicht die entscheidende Rolle“, sagte Humburg. Das neue Konzept dagegen inszeniere eine Rolle rückwärts, indem es die Interessen der Wirtschaft für sakrosankt erkläre.

In den Metrozonen, wo sich Wohnen und Wirtschaft begegnen, werde der Wirtschaft den Vorzug gegeben, sagte Humburg. So sei der Spreehafen zwar inzwischen zugänglich. Dort auch nur einen Café-Lieger zu verankern, habe die Hafenlobby aber verhindert. Die Pläne, am nördlichen Veringkanal Wohnungen zu bauen, seien fallen gelassen worden und auch das am Hauländer Weg geplante Wohngebiet sei jetzt für Gewerbe vorgesehen.

Immerhin ist es gelungen, am nördlichen Veringkanal mit den Zinnwerken eine Kultureinrichtung zu etablieren. Mathias Lintl, der ehemalige Betreiber der Soulkitchen-Halle, regte an, in dem Quartier eine Kulturmeile einzurichten – ein metrozonen-gemäßer Puffer zwischen Hafen und Wohnbebauung. Der Radio- und Fernsehmacher Marco Antonio Reyes Loredo bemängelte, dass durch die IBA entstandene Kulturereignisse wie das Dockville Festival oder 24-Stunden-Wilhelmsburg keine Dauerperspektive hätten.

Kontinuität war für viele RednerInnen ein großes Thema. An der Bildungsoffensive zeige sich, das die IBA zwar mit Projekten wie dem Mediadock oder dem Sprach- und Bewegungszentrum viel Gutes angeschoben habe, dies aber nicht fortgeführt werde, sagte Harry Schiller, Mitglied der Elternkammer. Es fehle die IBA als Koordinatorin. „Die Behörden reden nicht mehr miteinander“, sagte Schiller.

„Für die IBA ging es wesentlich darum, eine kooperative Governance Struktur aufzubauen“, erinnerte der Stadtforscher Läpple. Nachdem die Steuerung an den Bezirk Mitte überging, sei dieses Instrument weggefallen. Den Beteiligungsprozess für das Zukunftskonzept bewerteten viele RednerInnen kritisch: Teils seien nach und nach die TeilnehmerInnen weggeblieben, teils seien die Ergebnisse ignoriert worden.

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