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Wie gefährlich ist Südafrika tatsächlich?Die Angst im Nacken

Südafrika gilt als eines der gefährlichsten Länder der Welt. Touristen sind jedoch weniger betroffen, gefährlich ist es vor allem für Einheimische und Nashörner.

Am alten Hafen, der restaurierten Waterfront von Kapstadt. Bild: chromorange/imago

Wie paralysiert standen die drei Gnus und starrten hinüber zu den sieben Löwinnen, die ihnen in einer breiten Formation entgegentrotteten, vom Hügel kommend, wo sie den ganzen Tag faul in der Sonne gelegen hatten. Nun waren sie hungrig, und das wusste auch das Trio. Angesichts der Bedrohung von vorn vergaß es darauf zu achten, was hinter ihm geschah.

Ein Wildhüter des Schotia Private Game Reserve, unweit von Port Elisabeth gelegen, machte seine Safarigäste darauf aufmerksam, dass sich im rückwärtigen Busch eine weitere Löwin anschlich.

Und schon hetzte sie heran. Die Jagd war kurz. Nach nur 30 Metern sprang die Katze eines der Gnus an. Bald knickten die Knie des Tiers ein, das Schicksal schien besiegelt. Doch unerwartet eilte Hilfe herbei: Ein furchtloses Flusspferd stürmte vom nahen See herüber und wollte den Löwen die Beute entreißen. Ein Versuch des Mundraubs war das nicht, Hippopotamus frisst kein Fleisch. Es versuchte, das Gnu zu retten.

Ein sensationelles, nicht alltägliches Erlebnis für eine Gruppe Touristen aus aller Welt. Ein Engländer im Jeep murmelte zwar: „Mir tut es leid um das Gnu.“ Aber alle würden sie zu Hause eine große Geschichte zu erzählen haben, die Story ihres ersten „african killing“, wie ein Wildhüter es nannte.

7,5 Millionen Urlauber

Südafrika-Tipps

Montagu: 170 Kilometer östlich von Kapstadt. Thermalbad und Bergwanderungen. Unterkunft: Mimosa Lodge, von Schweizern geführt, mit wunderschönen Garten-Suiten. Das Beste jedoch: das angeschlossene preisgekrönte Restaurant von Bernhard Hess. B&B plus Dinner ca. 90 Euro p. P. www.mimosa.co.za/

Hogsback: 105 Kilometer nordwestlich von East London. Die Einheimischen behaupten, in dieser Berg- und Waldlandschaft habe Tolkien die Vorlage für seine literarischen Landschaften gefunden. Unterkunft: The Edge (spektakulär die Cottages direkt am Abhang; ca. 120 Euro) www.theedge-hogsback.co.za/, Wellvale Private River Resort: große Gartenanlage, Webervögelkolonie. Von holländischen Zivilisationsflüchtlingen betrieben. B&B in geräumige Hütten für zwei ca. 70 Euro, plus Dinner unter 100 Euro. www.wellvale.com/; Cathedral Peak Hotel: Luxus mitten im Weltkulturerbe und Wandergebiet Drakensberge. B&B und Dinner p. P. ab 120 Euro www.cathedralpeak.co.za/

Apartheid Museum: Geschichte sehen, spüren, verstehen in Johannesburg. (Eintritt: 5 Euro) www.apartheidmuseum.org

No-go: Radtour durch Soweto mit Lebo’s Soweto Backpackers. Zu große Gruppen (wir waren mehr als 30 Teilnehmer). Besser einen privaten Guide engagieren.

Die mehr als 7,5 Millionen Urlauber, die laut Tourismus-Ministerium zwischen Januar und Oktober 2012 kamen, davon mehr als 200.000 aus Deutschland, besuchen Südafrika wegen solcher Bilder. Sie wissen: Dieses Land ist ein gefährliches Land. Für Tiere und Menschen.

Auch die menschlichen Einwohner dieses Landes gelten als gefährlich. Nicht nur dass rücksichtslose Killer sich dafür hergeben, massenhaft Nashörner zu töten, weil deren Horn, zu Pulver zermahlen, als Medizin gegen den Krebs gilt, seit ein hoher vietnamesischer Regierungsbeamter behauptet haben soll, auf diese Weise geheilt worden zu sein.

Nein, in diesem Land töten Menschen auch Menschen, durchschnittlich 50-mal pro Tag. 4.000 weiße Farmer starben seit 1994 auf diese Weise. Und jüngst erschossen Polizisten ihre schwarzen Brüder, die in den Minen und Bergwerken schuften und fair bezahlt werden möchten.

Gehört und gelesen hat alle Welt auch von Überfällen auf Touristen. Ja, im Jahr 2002 kam es zu Überfällen in der Provinz Mpumalanga, eine britische Touristin wurde getötet; 2007 traf es einen österreichischen Exfußballspieler südlich von Durban. Und dann sorgte Anni Dewani für Schlagzeilen.

Weshalb sie sterben musste, ist nicht endgültig geklärt. Sie war mit ihrem Ehemann auf Hochzeitsreise in Kapstadt, und am Abend des 13. November 2010, es war schon dunkel, traf das Paar eine unglückliche Entscheidung: Sie habe das „wirkliche Afrika“ sehen wollen, sagte ihr Mann später aus.

Aus den Wagen geworfen

Später, das war am Tag danach. Mit vorgehaltener Pistole hatten zwei Männer die beiden in Gugulethu aus dem Taxi gezogen, ihn wenig später in Harare aus dem Wagen geworfen.

Später, das war eine Weile, nachdem die Polizei Anni Dewani in Khayelitsha (Lingelethu West) leblos auf dem Rücksitz des Wagens gefunden hatte. Ihr teurer Schmuck, ihre Handtasche, ihr Blackberry fehlten.

Der Tod von Anni Dewani schien wieder einmal zu bestätigen, dass Südafrika zu den Ländern gehört, die zu bereisen nur Lebensmüde wagen. Dabei kann niemand eine verlässliche Zahl nennen, aber Recherchen in Zeitungsarchiven ergeben nur wenige konkrete Fälle von Morden an Touristen.

Der Münchner Merkur erfand trotzdem 2007 die griffige Überschrift vom „Kap der Gefahr“. Und die österreichische Zeitung Der Standard nannte Südafrika vor der Fußballweltmeisterschaft 2010 „das gefährlichste Land der Welt“, musste dann allerdings melden, „die bei der WM 2006 in Deutschland dokumentierten Vorfälle – 7.000 Straftaten, 875 verletzte Personen, darunter 250 Polizisten, und 9.000 polizeiliche Festnahmen – dürfte Südafrika weit unterboten haben“.

Sinkende Mordrate

Ja, Südafrika ist ein Land voller Gewalt. Aber die Mordrate sinkt beständig, von 27.000 im Jahr 1994 auf inzwischen 15.000 im vorigen Jahr. 2.300 davon geschahen in Western Cape, wie eine Fallstudie (Shadow Report on Safety Information Study) des Department of Community Safety von Western Cape ermittelte; die Mordrate von 43,5 pro 100.000 Einwohner ist die zweithöchste im ganzen Land.

Doch Täter und Opfer bewegen sich meist in Kreisen, die ein Tourist nicht sieht: Fast 60 Prozent der Toten waren Schwarze, fast 40 Prozent Coloureds. 87 Prozent der Toten waren Männer, zwei Drittel davon zwischen 18 und 35 Jahre alt. In mehr als zwei Dritteln der Fälle kannten sich Opfer und Täter. Die Hälfte der Morde geschah am Wochenende, in der Regel durch Messerstechereien.

Fast die Hälfte der Morde in der Provinz Westkap, die sich vom Kap der Guten Hoffnung bis 400 Kilometer nördlich und von Kapstadt bis zur 500 Kilometer entfernten Plettenberg Bay erstreckt, geschahen im Umfeld von 10 der 149 Polizeistationen der ganzen Provinz, allesamt in Townships von Kapstadt gelegen, darunter Gugulethu, dem Ort, an dem Anni Dewani entführt wurde.

Gleich auf mit den Bahamas

Mit 30 Morden pro 100.000 Einwohner liegt Südafrika gleichauf mit Ländern, die Touristen gern und ohne Sorgen ansteuern: Bahamas (27), Dominikanische Republik (25), die Amerikanischen Jungferninseln (39,2), wo der Tourismus mehr als zwei Drittel des BSP schafft, Belize (41), Jamaika (52) sowie Trinidad und Tobago (35) sind laut Statistik gefährlicher.

Für Südafrika wie für viele andere touristische Reiseziele gilt: Gewalt ist da zu Hause, wo Touristen üblicherweise nicht hinkommen – und das auch nicht auf eigene Faust versuchen sollten. Chris de Kock, Leiter des Crime Information Analysis Centre der südafrikanischen Polizei, schätzt, dass 80 Prozent aller Morde und die Hälfte aller Raubüberfälle in den Townships geschehen. Ein misslungener Raub führe häufig zum Tod, aber selten träfe das Touristen.

Also hört der vernünftige Südafrika-Besucher auf den Rat des Auswärtigen Amts: Er meidet die Innenstädte von Johannesburg, Pretoria, Durban, Port Elisabeth und Kapstadt nach Einbruch der Dunkelheit und besucht Townships nur mit ortskundiger Führung. Soweto können Touristen tagsüber per Fahrrad erkunden, aber sie sollten dazu einen privaten Führer engagieren.

Freundlich und still

Jenseits der großen Städte ist Südafrika ein fantastisches Land mit fantastischen Menschen. Der Schweizer Joseph Hess lebt seit 39 Jahren in Südafrika. Angst hatte er nicht in Johannesburg, aber er fühlte sich eingesperrt hinter den Zäunen, die wohlhabende Weiße um ihre Wohnviertel und Häuser ziehen. Vor einigen Jahren zog er mit seinem Sohn, einem Spitzenkoch, nach Montagu, 150 Kilometer östlich von Kapstadt, das Tor zur Kleinen Karoo an der Route 62. Ein freundlicher, stiller Ort.

Zufrieden in der Einsamkeit? Hess deutet auf sein Haus und sagt nur: „Schau, keine Zäune!“ Auch beim Wandern in den Drakensbergen lauern keine Diebe auf Touristen, allenfalls eine Ringhals- oder Speikobra, eine Puff- oder Nachtotter. Alles so schön friedlich hier im gefährlichsten Land der Welt. Wie gefährlich ist Südafrika also wirklich?

Die britische Sicherheitsfirma Control Risk erkennt lediglich ein mittleres Sicherheitsrisiko für ausländische Besucher des Landes, etwa so wie in Kroatien, Griechenland oder Süditalien, Brasilien. Für Kidnapping bestehe lediglich ein geringes Risiko.

Hoffnung für die Innenstädte

Der „South Africa 2012 OSAC Crime and Safety Report“ schätzt die Sicherheitslage in Pretoria, Johannesburg, Durban und Kapstadt zwar als „kritisch“ ein, aber Simiso Velempini, Control-Risks-Analystin für Afrika, verbreitet sogar Hoffnung für Innenstädte wie die von Johannesburg: Das kommunale Erneuerungsprogramm der Stadt greife, schreibt sie im „Riskmap Report 2013“. „Die Ausbreitung von Galerien, Kreativwerkstätten und Einzelhandel belegt eine allmähliche Verbesserung der Sicherheit in zentralen Geschäftsvierteln.“

Müssen sich Touristen in Südafrika also fürchten? Der Journalist Toby Selander hat in einem Beitrag für The African Times vor der Fußballweltmeisterschaft Andre Snyman (eBlockwatch) befragt, der sich seit vielen Jahren um die Sicherheit von ausländischen Besuchern bemüht.

Niemand hat bisher eine bessere Antwort auf diese Frage gegeben. „Touristen sind viel sicherer, als wir Südafrikaner es sind“, sagte er. „Südafrikaner kümmern sich um ihre Tiere und um ihre Touristen, aber vielleicht nicht so sehr um sich selbst.“

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6 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • RW
    Rainer Winters

    Bin in den letzten 20 Jahren durch über 100 Länder gereist. In Südafrika waren wir mehrere Male, auch für längere Zeit.

     

    Erlebnisse

     

    1. In Johannesburg wollen wir unseren Wagen verkaufen. Als wir beim Autohändler sind, bekommt der einen Anruf von seinem Arbeitskollegen, der gerade samt Auto von einem Pseudokunden gehijacked wurde.

     

    2. Unser Kumpel Bushy hatte lange Zeit einen Backpacker in Jo’burg/Observatory. Wurde zweimal von einer Gruppe Männer überfallen. Beim ersten Mal wurde eine Norwegerin in der Herberge vergewaltigt und Bushy so stark am Kopf verletzt, dass er eine 20 cm lange Narbe quer über den Oberkopf davontrug. Die Zeitungen berichteten ausführlich. Nach dem zweiten Überfall derselben Bande schloss er seinen wunderbaren Backpacker.

     

    3. Ein Tscheche, der bei ihm zu Gast war, holte in der City am Automaten Geld. Er wurde beobachtet und überfallen, als wir dort waren.

     

    4. Ein anderer Gast wurde kurz vor Ankunft im Backpacker überfallen. Einer der Männer zerbrach eine Flasche und bedrohte ihn damit. Sie gaben sich mit umgerechnet 40 Dollar zufrieden.

     

    5. Nach dem Tanken an einer Tankstelle in Jo’burg gehe ich zum Bezahlen ins Häuschen. Da höre ich einen lauten winselnden Schrei aus dem Hinterzimmer. Kommt ein junger Mann herausgelaufen, am Kopf blutüberströmt. Ein offensichtlicher Angestellter der Tankstelle schlägt noch auf ihn ein, während er ihn herausjagt. Ich frage, was er getan hat. Es hieß, er habe etwas gestohlen.

     

    6. Mein alter Kumpel bekommt einen Job im Raum Jo’burg. Er wird in einem abgeschirmten Wohnviertel (Mauer, Schranke etc.) einquartiert. Kaum im Haus, wird er von 2 Leuten mit Schusswaffe überfallen.

     

    7. In Kapstadt attackiert ein Mann meine Frau und greift ihr an den Busen.

     

    8. In Umtata greift ein Mann durch unsere offene Autofensterscheibe, und hat unsere Kamera bereits in der Hand. Ich hindere ihn am Diebstahlserfolg.

     

    Trotzdem:

     

    ZA bleibt eines der schönsten Länder der Welt. Natur, Tierwelt, Gastronomie, Gastfreundschaft und bereitgestellter Komfort der weißen Bevölkerung, viele herzliche Momente mit der schwarzen Bevölkerung, sensationelle Strände, der Duft Afrikas…

     

    In Brasilien wurden wir zwar mit einer Schusswaffe überfallen, aber insgesamt hatten wir dort eine kleinere Gefahrendichte als in ZA.

  • F
    fux

    wie schon bemerkt ein sehr schlecht recherchierter Text. '..und wurde in Harare aus dem Taxi geworfen.' unbeteiligte aber dennoch gebildete Leser werden sich fragen, Harare? ist das nicht die Hauptstadt von Simbabwe? und kommen zu dem Schluss dass das ja wohl nicht der Fall sein kann! dass es sich jedoch um einen Randbezirk von Kayalitsha handelt sollte zumindest erwähnt werden.

  • WA
    wem auch immer

    @Christoph..

    wenn Sie im Frankfurter Bahnhofsviertel die "Spielregeln" einhalten , passiert Ihnen dort auch nix

    Witzkommentar

  • CW
    Christoph Wehler

    Wenn man Artikel verfasst, sollte man bei der Wahrheit bleiben. Der Artikel ist sehr schlecht recherchiert. z. B Anni Dewani war ein Auftragsmord, was inzwischen jeder am Kap weiß. Es war das einzige Car Hijacking dort, aber es bietet sich ja immer an, damit wieder mal das Land in den Dreck zu ziehen. Nur wer dort war und Land und Leute kennenlernt, weiß was in SA abgeht. Bin 25000 km durch SA auf eigene Faust mit dem Auto, wer die Spielregeln einhält lebt sicherer, als im Frankfurter Bahnhofsviertel...

    Witzartikel

  • MF
    Mi Fu

    Ich kann den Artikel nur unterstützen, Südafrika ist ein wunderschönes Land, das es auf jeden Fall lohnt zu besuchen (wie viele Länder in Afrika). Wegen der Sicherheit braucht man nicht hysterisch zu sein, da gibt es sehr sehr viel höhere Risiken im Leben.

    Auch ein Besuch in den Townships ist "Pflicht", hier trifft man die interessantesten und freundlichsten Menschen.

     

    Eins wundert mich allerdings an dem Artikel: warum sollte ein Flusspferd ein Gnu retten? Altruismus ist in der Tierwelt nicht verbreitet, schon gar nicht über Artgrenzen hinweg. Jedes Tier geht nur Risiken ein und wendet Energie auf, wenn es unbedingt notwendig ist. Ich vermute, das Flusspferd fühlte sich selbst durch die Löwen bedroht.

  • L
    luchs

    Das alles ändert nichts daran, dass es diese hohe Zahlen an Schwerkriminalität in Südafrika gibt.

    Soll die Leserin jetzt weniger davon betroffen sein, weil es nicht eigen-landesgenössische Fernreisende betrifft, sondern einheimische Südafrikaner?

    Im Artikel fehlen völlig die Gründe für die dortige Kriminalität, die mit Zahlen und Beispielen beschrieben wird, aber nicht in Kontexte gesetzt wird.

    Oder habe ich mich verklickt und bin in einem Reisekatalog gelandet?