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Wie die Ampel Rot-Grün-Rot ausbremst (1)Brettern durch die Stadt

Der Senat hat sich gegen die Verlängerung der A 100 durch Friedrichshain ausgesprochen. Doch FDP-Bundesverkehrsminister Wissing ist das egal.

Autobahnen können nicht die Zukunft sein – doch eine Verkehrswende ist mit der „Ampel“ schwierig

Berlin taz | Mit dem Bau von Autobahnen lassen sich Wäh­le­r*in­nen gewinnen, das ist in Deutschland bestens bekannt seit den dunklen 1930ern. Vielleicht liegt es daran, dass ausgerechnet in der vergangenen Woche, mitten in der heißen Phase des Berliner Wahlkampfs, bekannt wurde, dass Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) ein Ingenieurbüro mit den Planungen für den umstrittenen 17. Bauabschnitt der Stadtautobahn 100 beauftragt hat. 2035 soll dieses letzte Stück der A 100, das teils unterirdisch quer durch die dicht bebauten Altbauquartiere Friedrichhains führt, fertig sein.

Das ist ein doppelter Affront: Im Koalitionsvertrag der Ampel wird ein solcher Weiterbau einer Autobahn eigentlich ausgeschlossen. Zudem hat sich der rot-grün-rote Berliner Senat Ende Dezember geschlossen gegen diesen Milliarden Euro teuren Bauabschnitt ausgesprochen: Nachdem die SPD-Basis auf einem Parteitag im Juli einen entsprechenden Antrag mit deutlicher Mehrheit angenommen hatte, blieb der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD), die sich lange nicht festlegen wollte bei diesem Thema, nichts anderes übrig.

Doch Wissing will die A 100 offenbar sogar gegen die erklärte Ablehnung des Landes durchdrücken. Dummerweise ist der Bau von Autobahnen Angelegenheit des Bundes, wird von diesem finanziert und etwa im Verkehrswegeplan und Bundesfernstraßengesetz festgelegt – Berlin müsste also in die Trickkiste greifen und etwa die Flächennutzungspläne für die derzeit frei gehaltenen Flächen entsprechend ändern.

Noch versucht Rot-Grün-Rot mit Appellen, Wissing aufzuhalten. „Diese Verkehrspolitik ist rückwärtsgewandt“, erklärte Verkehrssenatorin Bettina Jarasch am Donnerstag im Abgeordnetenhaus. Wenn der Bund auch im Bereich Verkehr die selbst gesteckten Klimaziele einhalten wolle, müsse er statt in den Bau von Straßen in die Schiene investieren. Jarasch warf Wissing die Verschwendung von Steuergeldern vor, da die Autobahn „nie kommen wird“.

Doch nicht nur der Verkehrsminister ist Autobahnfan. Auch die SPD-Fraktion im Bundestag will die entsprechenden Gesetze nicht ändern. Es reiche also nicht, in der Ampelkoalition den Druck auf Wissing zu erhöhen, sagt der grüne Berliner Bundestagsabgeordnete und Verkehrsexperte Stefan Gelbhaar. „Die SPD im Bundestag muss sich entscheiden, ob sie den eigenen Landesverband weiter düpieren will.“

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2 Kommentare

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  • Wieviele Berliner sind eigentlich gegen den Ausbau der A100?



    Antwort: Trotz zahlreicher Proteste: 70 Prozent der Berliner für Weiterbau der A100 (Tagesspiegel)

    Nebenbei könnte man auch noch fragen, wieviele Führerscheinbesitzer sind für einen Ausbau.

  • "Mit dem Bau von Autobahnen lassen sich Wäh­le­r*in­nen gewinnen, das ist in Deutschland bestens bekannt seit den dunklen 1930ern."



    Boah, welch eine makabere Parabel. Wollen sie damit Befürworter des Autobahnbaus in die Ecke von Nazis stellen?