Wie die AfD vom Krieg profitiert: Kein solidarisches Angebot
Die AfD in Norddeutschland macht mit der Energiekrise Stimmung gegen Geflüchtete und Coronamaßnahmen. Sozialpolitische Forderungen hat sie nicht.
D er Zulauf übertraf die Erwartungen. Am Samstag demonstrierten unter dem Motto „Solidarisch durch die Krise“ in Hamburg über 2.500 Menschen. Ein Bündnis von 70 Initiativen und Organisationen um das Hamburger „Bündnis gegen Rechts“ hatte zu dem Protest mit der Forderung „Bezahlbares Leben für alle statt Profite für wenige“ aufgerufen. Das „Hamburger Forum“ tauchte auf dem Aufruf nicht auf, erschien aber auf der Demo – und löste Kritik an den Organisatoren aus.
Seit Wochen schwelt um das friedenspolitische Hamburger Forum ein Konflikt um rechte Kontakte. Ein Anlass: Als das Forum am 1. Oktober einen „Antikriegstag“ veranstaltete, hatten Organisator*innen der rechten Querdenken-Aktionen an der Elbe mitgewirkt. Der extrem rechte Youtuber Elijah Tabere, bekannt als Elijah Tee, durfte alle Reden filmen. Am Wochenende zuvor dokumentierte er das Sommerfest des rechtsextremen Magazins Compact. Bei dem Event sprach der Herausgeber Jürgen Elsässer sich für ein Bündnis von Björn Höcke bis Sahra Wagenknecht aus. Sein Credo: „Proletarier und Patrioten aller Länder vereinigt euch!“ Die Annäherungen und der Appell deuten ein inhaltliches Angebot von rechts nach links an.
Im Norden beklagt vor allem die AfD die weiter steigenden Lebensmittel- und Energiekosten wegen der Sanktionen gegen Russland. Die Klagen gehen aber nicht mit Forderungen nach ökonomischen Entlastungen für Betroffene einher. In Niedersachsen brachte die Krise der AfD ein zweistellige Wahlergebnis.
Die Fraktion um Stefan Marzischewski hat „vier Kernforderungen“ aufgestellt. Als „Maßnahmen gegen Inflation und Energiekrise“, stellen sie voran, seien nur ein „konsequentes Eindämmen der illegalen Migration“ und die „Abschaffung unwirksamer Corona-Maßnahmen“ entschieden genug. Die Fraktion fordert, den „unbegrenzten Zuwanderungsstrom“ zu stoppen, „Rückführungszentren“ einzurichten und die „wirkungslosen Zwangsmaßnahmen“ wie Maskentragen in Altersheimen und die „einrichtungsbezogene Impfpflicht“ zu beenden.
Die Fraktion fordert zudem, die Geldpolitik nicht der Europäischen Zentralbank zu überlassen sowie einen „unbegrenzten Weiterbetrieb des Kernkraftwerkes Emsland“. Sozialpolitische Vorschläge zur Entlastung findet man auf der Website nicht.
Keine konkreten Vorschläge
In Bremen, wo im Mai kommenden Jahres gewählt wird, könnte die AfD nach einer Prognose des Instituts „Wahlkreisprognose“ elf Prozent erreichen. Auch sie könnte also eine Kriegsgewinnlerin werden. Konkrete Forderungen nach sozialer Hilfe finden sich auch auf deren Website oder auf deren Facebook-Account nicht.
Auf der Startseite des Webauftritts erhebt die Bürgerschaftsfraktion in Hamburg ebenfalls keine Forderung nach ökonomischer Entlastung im Kontext des Krieges. Die Fraktion um Dirk Nockemann und Alexander Wolf fordert aber, „Sozialmigranten“ abzuschieben, denn eine Anfrage der AfD habe ergeben, dass „fast jeder zehnte ‚ukrainische‘ Flüchtling“ nicht die „ukrainische Staatsbürgerschaft“ besitze.
Die AfD in Schleswig-Holstein fordert: „Weg mit den Sanktionen, die unserem Volk und Land schaden“, erwartet aber auch „Hilfen für Wirtschaft“ und „Bürger“ – ohne genaue Vorschläge zu unterbreiten. In Mecklenburg-Vorpommern forderte die AfD-Fraktion um Nikolaus Kramer ebenfalls „Hilfsprogramme“ für „Bürger“ und „Unternehmen“, prangert aber die „CO2-Bepreisung“ an. Sie fragte die Landesregierung aber ebenfalls nach „ausreisepflichtigen Personen aus der Ukraine“.
Solidarisch ist kein Angebot der AfD. Grundlage für eine Rechts-Links-Allianz könnte nur der Anti-Amerikanismus, die Ablehnung der Nato und ein romantisches Russlandmotiv sein, in dem die Ex-Sowjetunion als Bollwerk gegen den Imperialismus erscheint.
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