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Widerstand gegen Ausbau der Stadtautobahn A 100Kampf um drei Kilometer

Der geplante Teilabschnitt der Stadtautobahn A 100 wird teurer als geplant. Die Grünen versuchen, mittels parlamentarischer Anfragen Klarheit zu bekommen. Eine Bürgerinitiative will gegen das Bauvorhaben klagen und verkauft "Klagemeter".

Ruhig ist es nicht in der Treptower Beermannstraße. Alle paar Minuten rattert eine S-Bahn über die Trasse, die am Ende der Straße entlang führt. In der Ferne rauscht der Verkehr der Puschkinallee. Doch wenn es nach dem Berliner Senat geht, wird es bald noch lauter. Ab 2015 soll hier die Verlängerung der Stadtautobahn entlangführen. Vom Dreieck Neukölln bis zum Treptower Park. 443 Millionen Euro soll der Bau der gut drei Kilometer kosten. Den Großteil davon übernimmt der Bund, 15 bis 18 Prozent zahlt das Land Berlin und erhält davon wiederum 3 Prozent vom Bund zurück.

"Mit 130.000 Euro pro laufendem Meter wäre das eine der teuersten Autobahnen der Welt", kritisiert Franziska Eichstädt-Bohlig, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Abgeordnetenhaus. Sie ärgert sich auch über die steigenden Kostenprognosen. So habe die Senatsverwaltung bis Ende 2007 mit 312 Millionen Kosten gerechnet, dann schätzte man 420 Millionen und jetzt schon 443 Millionen. "Bei einer Kostensteigerung um 50 Prozent bis 2015 würde Berlins Anteil auf über 100 Millionen Euro steigen", so Eichstädt-Bohlig.

Doch die steigenden Kosten sind nur ein Aspekt. Dazu kommt: Mindestens drei Wohnhäuser mitsamt Hinterhäusern müssen der Autobahn weichen. Anwohnern und der örtlichen Bürgerinitiative sind noch die Hände gebunden. Sie wollen zwar zusammen mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland auf dem Klageweg gegen die Autobahn vorgehen. Doch die einzige Möglichkeit besteht in einer planungsrechtlichen Klage - zum Beispiel gegen die zu erwartenden hohen Werte bei Feinstaub und Stickoxiden. Dafür muss aber erst das Planfeststellungsverfahren abgeschlossen sein - und das kann noch dauern.

Die Grünen versuchen derweil mit mehreren Kleinen Anfragen etwas Klarheit in die Planungen zu bringen - nach eigenem Bekunden mit mäßigem Erfolg. Denn die Antworten, so die Kritik der Fraktion, lassen in ihrer Qualität zu wünschen übrig. Sowohl bei der Frage nach den konkreten Kosten als auch nach dem zusätzlichen Verkehrsaufkommen gibt der Senat an, noch keine ausreichenden Daten für eine Prognose zu haben.

Um ihrer Kritik Ausdruck zu verleihen, haben sich die Fraktionsvorsitzende und ihr Parteikollege Dirk Behrendt schon mal vorsorglich an der Klage beteiligt: Die beiden kauften am gestrigen Mittwoch zusammen fünf Klagemeter. Die sind etwas günstiger als die Autobahnmeter: Bei 25.000 Euro insgesamt rechnet die Initiative pro Meter mit Klagekosten von 8 Euro.

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1 Kommentar

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  • JR
    Jürgen Rummel

    Der rot-rote Senat wendet doch auch hier wieder eine Salamitaktik an, denn ist erst dieses Teilstück der A 100 gebaut, folgt das nächste unter/über der Spree hindurch/hinüber unter dem Ostkreuz hinweg zur Frankfurter Allee. M.W.dauert doch der Umbau des Ostkreuzes auch deshalb so lang, weil damit bereits die Grundlage für eine Untertunnelung desselben für eine erwartete Verlängerung der A 100 geschaffen wird.

     

    Meint es der aktuelle Senat ernst mit einem umweltfreundlichen Verkehr in der Stadt, bei einer gleichzeitigen Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs, sollte er dieses Vorhaben sofort stoppen. Denn die Anbindung der Innenstadt über die A 100 an den Autobahnring trägt ganz sicher nicht dazu bei, die Leute vom Autofahren, auch und gerade in der Innenstadt, abzubringen. Autobahnbau ist eine Angebotsplanung in dem Sinne, dass Autofahrern attraktive Angebote gemacht werden, ihr Auto nicht stehen zu lassen.

     

    Die aktuellen Kostensteigerungen sollte das Land nutzen und aus dem Projekt aussteigen. Das vom Land Berlin aufzubringende Geld sollte lieber für einen stärkeren Ausbau des ÖPNV genutzt werden. Zum Beispiel könnte der Senat darüber nachdenken, die U7 von Rudow zum Flughafen Schönefeld zu verlängern. So hätte man zwei attraktive Anbindungen des Flughafens an die Stadt, einmal für Reisende, die eher in den Osten der Stadt wollen, zum zweiten für Reisende, die in den Süden, Südwesten der Stadt wollen.