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DIE NEUEN PUBLIKATIONSREGELN FÜR MEDIZINFORSCHER SIND ÜBERFÄLLIGWider die Zensur der Pharmakonzerne

Die neuen Publikationsregeln der dreizehn renommierten Medizinjournale sind überfällig: Eigentlich müsste selbstverständlich sein, dass Autoren wissenschaftlicher Studien offen legen, wer diese finanziert. Und genauso selbstverständlich müsste sein, dass Pharmaunternehmen unerfreuliche Ergebnisse über ihre Produkte nicht unterdrücken dürfen. Nicht zuletzt der Bayer-Skandal mit dem Cholesterinsenker Lipobay hat gezeigt, dass bei Arzneimitteln alle Daten unverzüglich veröffentlicht werden müssen. Der Patient hat ein Recht darauf, dass seine Gesundheit über den Profitinteressen steht.

Doch reicht die Initiative der Medizinjournale nicht aus. Denn sie richtet sich letztlich auf die Beiträge, die zur Veröffentlichung angeboten werden. Noch viel problematischer sind jedoch jene Artikel, von denen die Journale gar nicht erst hören, weil sie negative Ergebnisse über Medikamente enthalten würden und deshalb nicht geschrieben werden dürfen. Solche Knebelverträge mit Veröffentlichungsverbot sind zwischen Pharmaindustrie und Wissenschaftlern keine Einzelfälle.

Die neuen Publikationsregeln sind ein Ausdruck dafür, wie sich die Forschungslandschaft verändert hat. Zunehmend sind Wissenschaftler an Universitäten und staatlich finanzierten Forschungseinrichtungen auf Drittmittel aus der Industrie angewiesen. Oft stecken sie in der Zwickmühle: Entweder sie akzeptieren den Knebelvertrag der Industrie oder ein Kollege an einem anderen Institut erhält den Auftrag. Hinzu kommt die private Konkurrenz von spezialisierten Firmen, die zunehmend Arzneimittelkontrollen durchführen. Sie können die klinischen Tests kostengünstiger anbieten – sind aber auch weitaus abhängiger von ihren Auftraggebern als ein Forscher, der über seine Grundausstattung frei verfügen kann.

In den USA gehen heute schon 60 Prozent der Forschungsaufträge aus der Pharmaindustrie an private Firmen. Ähnliches ist hierzulande zu befürchten. Die Initiative der Medizinjournale ist löblich, doch Appelle reichen längst nicht mehr. Gebraucht werden mehr staatliche Mittel für die unabhängige Forschung. Sonst zahlt am Ende der Patient mit seiner Gesundheit. WOLFGANG LÖHR

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