Wettkampf zwischen Aldi und Lidl: Stars und glückliche Kühe
Noch immer liefern sich die beiden global agierenden Handelskonzerne erbitterte Preisschlachten. Sie buhlen aber auch ganz anders um Kunden.
Lidl präsentiert am Donnerstag während der New York Fashion Week eine Modekollektion von Model Heidi Klum. Aldi stellt am gleichen Tag in Köln auf einer Modenschau eine gemeinsam mit der US-Sängerin Anastacia entwickelte Kollektion mit Biker-Jacken und Jeans vor. Mitte September sollen beide Kollektionen fast zeitgleich in die Läden kommen.
Die zeitliche Nähe der Ereignisse ist für den Marketing-Experten Martin Fassnacht kein Zufall: „Das zeigt die harte Konkurrenz im deutschen Einzelhandel. Man beobachtet die Konkurrenz genau und reagiert sehr schnell, um sich gegenüber dem Wettbewerber keine Blöße zu geben.“ Schließlich ist das Geschäft mit Textilien für beide Discounter von großer Bedeutung. Denn Aldi und Lidl gehören zu den zehn größten Textilhändlern Deutschlands.
Im Wettbewerb können die Discounter nicht länger nur auf niedrige Preise setzen. „Die Erwartungen der Kunden haben sich gewandelt“, sagt Boris Planer, deutscher Standortleiter des Marktforschungsunternehmens Planet Retail. Darum seien Aldi- und Lidl-Filialen heute auch heller und freundlicher; gerade viele junge Kunden erwarteten zudem mehr Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit.
Der Konkurrenzkampf auf diesem Feld zeigte sich zuletzt bei Milchprodukten. Noch vor Kurzem warb Aldi mit der bei Tierschützern stark umstrittenen Initiative Tierwohl. Inzwischen verkauft der Discounter zumindest ausgewählte Milchprodukte unter dem Etikett „Für mehr Tierschutz“.
Das Label ist nach Richtlinien des Deutschen Tierschutzbundes zertifiziert – und war zuvor schon bei Lidl eingeführt worden. Bislang trägt die Milch der Hausmarke Milbona das Tierschutzlabel, ab Oktober soll es auch für Molkereiprodukte der Regionalmarke „Ein gutes Stück Bayern“ gelten.
Boris Planer, Marktforscher
Der kürzliche Beitritt Aldis als erster Discounter in das Netzwerk für Nachhaltigkeit der UNO scheint ein weiterer Baustein des Imagewandels zu sein. Für die Globalisierungskritikerin Jutta Sundermann ist das ein Anfang. Sie weist aber darauf hin, dass „die Unternehmen frei darin sind, was sie nachhaltiger gestalten“.
Die Spannbreite der Netzwerkmitglieder ist laut Friedel Hütz-Adams vom Südwind-Institut für Ökonomie und Ökumene sehr weit. „Einige treten nur ein, um dabei zu sein, andere prüfen ihre Wertschöpfungskette“, sagt er. Wirkungsvoller wären gesetzliche Verpflichtungen. „Die Bundesregierung setzt jedoch stark auf die Freiwilligkeit der Unternehmen.“ Aldis Beitritt sieht Hütz-Adams im Kontext weiterer Kurskorrekturen. „Heute bewirbt der Discounter regionale und Bioprodukte, vor drei Jahren war das in dem Umfang undenkbar“, sagt er.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren