Wettkampf um Milchpreise: Bio zahlt sich aus
Konventionelle Landwirte suchen ihr Glück auf dem Weltmarkt und leiden nun unter Dumpingpreisen. Anders als Ökobauern.
Die herkömmliche Konkurrenz dagegen musste im gleichen Zeitraum einen Preisverfall um 25 Prozent auf 29 Cent hinnehmen, die in den meisten Fällen noch nicht einmal die Produktionskosten decken. Seit November 2013 ist der konventionelle Preis sogar um 30 Prozent gefallen, der ökologische dagegen nur um 2 Prozent.
Was ist das Erfolgsrezept der Ökobranche, die ihren Tieren im Gegensatz zu der konventionellen Konkurrenz Auslauf gewähren und auf Futter verzichten muss, das mit umweltschädlichen Pestiziden erzeugt wird?
Paul Söbbeke, Geschäftsführer des gleichnamigen größten deutschen Biojoghurtherstellers, antwortet im Interview der taz: „Unsere Biobauern produzieren für den deutschen Markt, für die Verbraucher, die hier rumlaufen. Da ist keine Notwendigkeit für Preissenkungen.“ Denn die deutschen Konsumenten kaufen weiter ihre Biomilch, die überwiegend aus Deutschland kommt.
Die herkömmlichen Landwirte dagegen seien vom Export etwa nach China oder Russland abhängig, sagt Söbbeke. „60 Prozent der konventionellen Milchprodukte werden exportiert. Wenn dann der Weltmarkt ein Problem hat, haben diese Bauern ein Problem.“ Tatsächlich führen Fachleute den Preisverfall auch darauf zurück, dass Russland wegen der Ukrainekrise seit August 2014 EU-Milchprodukte boykottiert und China konjunkturell bedingt derzeit weniger importiert.
Da die EU die Produktion seit April nicht mehr mit der Milchquote begrenzt und zu viel auf dem Markt ist, fallen die Preise besonders stark.
Wütende Bauern
EU setzt auf Weltmarkt
„Wer genügend Land hat und überzeugt ist, der sollte jetzt ernsthaft darüber nachdenken, auf Bio umzustellen“, ruft Söbbeke auf. Genügend Nachfrage gebe es. Bisher komme nur 2 bis 3 Prozent der Milch in Deutschland von Ökohöfen. Anders als der konventionelle Markt in Deutschland wächst Bio kräftig. Der Molkereichef rechnet damit, dass die Verbraucher dieses Jahr 3 bis 5 Prozent mehr für Ökomilch ausgeben werden. So viel sei der Markt auch jeweils in den vergangenen drei bis vier Jahren gewachsen. Allerdings: In Hochpreisphasen verdienen konventionelle Bauern immer noch mehr als die Ökos.
Die Europäische Union setzt jedoch weiter auf den Weltmarkt. Die EU-Kommission kündigte am Montag an, beispielsweise in Freihandelsabkommen weitere Länder für die hiesigen Bauern zu öffnen. Zudem soll es neue Subventionen in Höhe von 500 Millionen Euro geben, etwa um überschüssiges Milchpulver aufzukaufen und einzulagern. Der von konventionellen Landwirten dominierte Deutsche Bauernverband begrüßte insbesondere die geplante Exportförderung.
Die Milchbauernorganisation European Milk Board dagegen kritisierte, dass die Ausfuhren Landwirte in Entwicklungsländern schaden könnte. Stattdessen sollte die EU lieber Boni an europäische Bauern zahlen, die kurzfristig weniger produzieren, um einen Preisverfall zu verhindern oder zu beheben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen