Westerwelle unter Druck: Justizministerin bringt Lindner ins Spiel
Neues Jahr, alte Debatte: Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger hat FDP-Generalsekretär Lindner für höhere Ämter empfohlen.
BERLIN taz | Wenige Tage vor dem Dreikönigstreffen der FDP empfiehlt Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger den FDP-Generalsekretär Christian Lindner für höhere Posten in der Partei. Sie halte den 31-Jährigen für einen exzellenten Mann, sagte Leutheusser-Schnarrenberger laut Vorabbericht dem Hamburger Abendblatt.
Lindner sei schon jetzt einer der Beliebtesten in der FDP, der konsequent an der programmatischen Neuausrichtung mitarbeite. "Er hat aufgrund seiner Persönlichkeit ganz sicher die Fähigkeit, herausragende Ämter wahrzunehmen." Damit erhöht die Ministerin den Druck auf den angeschlagenen Parteichef, als dessen möglicher Nachfolger Lindner gehandelt wird.
Ihr Lob für Lindner äußert die Vorsitzende der bayerischen FDP zu einem heiklen Zeitpunkt. Am kommenden Donnerstag kommt die Parteispitze zum traditionellen Dreikönigstreffen in Stuttgart zusammen. Seit Wochen wird in der Partei darüber spekuliert, ob Westerwelle dabei das Angebot macht, Teile seiner Macht abzugeben.
In einem offenen Brief hatten vier Größen der baden-württembergischen FDP vor zwei Wochen Westerwelles Rücktritt als Parteichef spätestens bis zum Dreikönigstreffen verlangt. Viele in der Partei fürchten, die sieben Landtagswahlen im Jahr 2011 könnten mit Westerwelle an der Spitze für die FDP desaströs ausfallen. Westerwelle hat hingegen angekündigt, er wolle Parteichef und Außenminister bleiben.
Das Dreikönigstreffen müsse zum Aufbruch in das Superwahljahr werden, forderte Leutheusser-Schnarrenberger. Sie räumte ein, dass die FDP in der Bundesregierung einen schwachen Start gehabt habe. "Wir können nicht so tun, als sei alles gut gelaufen. Wir müssen deutlich besser werden." Die Ministerin forderte nicht offen Westerwelles Rücktritt.
Allerdings erklärte sie, beim Bundesparteitag im Mai werde das ganze Führungsgremium neu gewählt. Dabei werde sich einiges ändern. "Vieles hängt davon ab, was Guido Westerwelle selbst möchte. Wir sollten ihn ganz persönlich entscheiden lassen, ob er noch einmal als Vorsitzender antritt", sagte Leutheusser-Schnarrenberger.
Die Ministerin hat Lindners Aufstieg in der Partei unterstützt. Beide teilen liberale Ansichten in der Innen-, Rechts- und Datenschutzpolitik. Die Linksliberale hat Westerwelles wirtschaftsliberalen Kurs stets nur halbherzig unterstützt. Mit dem bayerischen FDP-Landesverband verfügt Leutheusser-Schnarrenberger über eine Hausmacht, die sie von der Gunst des Parteichefs unabhängig macht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“