Kommentar Westerwelle: Zu feige für den Putsch
Die Entmachtung Westerwelles zum Parteitag wird wahrscheinlicher – doch die Worte seiner Gegner sind doppelzüngig. Und diese Feigheit ist bei der FDP seit Jahren ein Problem.
N un also auch sie. Wenige Tage vor dem Dreikönigstreffen kritisiert Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Parteichef Guido Westerwelle und lobt dessen Generalsekretär Christian Lindner als möglichen Nachfolger aus. Damit gesellt sich die Justizministerin zu den vielen Freidemokraten, die einen Absturz der FDP bei den anstehenden Landtagswahlen fürchten und vorsorglich den Parteichef dafür verantwortlich machen. Doch Westerwelles Gegner tragen eine Mitschuld an der Lage ihrer Partei. Ihre Kritik am Parteichef ist halbherzig und kommt viel zu spät.
Zwar wird eine Entmachtung Westerwelles auf dem Bundesparteitag im Mai damit immer wahrscheinlicher, aber auch Leutheusser-Schnarrenberger fordert nicht offen Westerwelles Kopf. Vielmehr sind ihre Worte - wie die fast aller Westerwelle-Gegner - doppeldeutig: Sie übt zwar Kritik am großen Vorsitzenden - sie wahrt aber auch das Gesicht, sollte ein Putsch gegen ihn ausbleiben. Die Feigheit führender FDPler in der größten Parteikrise seit eineinhalb Jahrzehnten ist Teil des Problems, das sie beklagen.
Jene, die heute murren, haben es zu Oppositionszeiten zugelassen, dass Westerwelle die Partei ganz auf sich ausrichtete. Ein Gesicht, ein Thema: Das drang durch zu den Wählern. Kritik wurde nur in Hinterzimmern und folgenlosen Parteitagsdebatten geäußert. Der Erfolg schien Westerwelle recht zu geben - und sie profitierten davon.
MATTHIAS LOHRE ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz.
Heute zeigen sich die Spätfolgen dieses Opportunismus. Die selbst erklärte Partei der Eigenverantwortung hat das selbstständige Handeln verlernt. Sie fürchtet den Wandel, weil sie nicht weiß, was und wer die Ära des Parteichefs beerben soll. Westerwelles FDP mag nur einen Kopf und ein Thema zu bieten haben. Seinen Gegnern fehlt selbst das.
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