Westbalkangipfel mit Merkel: Dürftige Ergebnisse
Mit dem Westbalkangipfel bemüht sich die Bundesregierung, Ordnung in die Balkanpolitik der EU zu bringen. Es braucht klare Signale für eine Integration.
S eit 2014 bemüht sich die Bundesregierung mit dem Berliner Format ein wenig Ordnung in die Balkanpolitik der EU zu bringen. Kanzlerin Angela Merkel bezeichnete nach dem virtuellen Treffen von Regierungschefs der Region und aus Europa am Montag das Westbalkan-Jugendforum, das einen Jugend- und Schüleraustausch ermöglicht, Fortschritte bei der gegenseitigen Anerkennung von Hochschulabschlüssen und bei Verkehrs- und Infrastrukturprojekten als Erfolg.
Angesichts der Dimension der Probleme, die sich politisch-strategisch mit dem Westbalkan verbinden, sind die Ergebnisse indes eher dürftig. Die Menschen in der Region haben keinerlei Signal bekommen, wie es mit der Integration in die EU praktisch vorangehen soll. Dabei wird durchaus registriert, dass die EU auf das aggressive Auftreten Russlands, das politisch seinen Einfluss auf Serbien und die Serbenrepublik in Bosnien ausdehnt, das Serbien massiv Waffen liefert, nur allzu lasch reagiert.
Die Investitionen Chinas in Infrastrukturprojekte haben Brüssel etwas aufgeschreckt. Dass beide Mächte, Russland und China, den Balkanstaaten mit Impfstoffen zur Seite stehen, während die EU die Region bei der Pandemiebekämpfung links liegen lässt, hat dem Ansehen der EU zweifellos geschadet. Da kommt das Versprechen Merkels, jetzt 3 Millionen Dosen Impfstoff zu liefern, doch reichlich halbherzig rüber.
Wo bleibt die Initiative der EU gegen die Politik Bulgariens, das Nordmazedonien zwingen will, sich zum Bulgarentum zu bekennen? Was wurde zum freien Reiseverkehr für Kosovo diskutiert? Wie sollen autokratische Kräfte auf dem, Balkan zurückgedrängt werden, wenn ein Janez Janša den Vorsitz in der EU innehat?
Nicht zuletzt bleibt das Wahlgesetz in Bosnien. Nach all den Urteilen internationaler und nationaler Gerichte wäre es an der Zeit, klar festzuhalten, dass alle Bürger des Landes ihre Repräsentanten frei wählen können, ohne in das Korsett der national bestimmten Volksgruppen gezwängt zu werden. Warum ist es für Merkel so schwer, das anzusprechen?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“