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Werder Bremen leichte BeuteZurück in die Zukunft

Werder Bremen empfängt Eintracht Frankfurt, verliert 2:3 und legt im eigenen Mannschaftsgefüge noch größere Baustellen offen als jene, die derzeit im heimischen Weser-Stadion kaschiert werden muss.

Hätten die Riesen-Konterfeis es besser gemacht? Werder-Trainer Thomas Schaaf, umgeben von Baustellen. Bild: dpa

Grimmig und selbstbewusst prangen die überlebensgroßen Konterfeis von fünf Werder-Profis um Leitwolf Torsten Frings über den Köpfen der 1.800 Frankfurter Anhänger. Die Frankfurter Spieler hätten öfter auf das riesige Werbeplakat blicken sollen, das zurzeit eine Großbaustelle kaschiert, um den Gastgebern mehr Ehrfurcht entgegenzubringen: So leicht wie bei ihrem 3 : 2-Sieg wurde es den grundsoliden Ballwerkern aus Hessen lange nicht gemacht im Weser-Stadion.

Dort sei "alles neu" gewesen, titelte die Werder-Homepage nach dem Spiel und führt neben dem Riesen-Poster noch zwei LED-Werbebanden und die Trikots des neuen Ausrüsters an. Die 31.000 Bremer Zuschauer wähnten sich dagegen am 35. Spieltag der verkorksten Vor-Saison. "Da hat einiges an das letzte Jahr erinnert", das räumte auch Klaus Allofs ein. Dabei wird Werders Geschäftsführer neben den ausgelassenen Torchancen vor allem an das schlampige Abwehrverhalten gedacht haben, das die Frankfurter ein halbes dutzend Mal frei vor Tim Wiese zum Abschuss kommen ließ.

Die erste Hälfte konnte noch als Suche nach einer Ordnung innerhalb des neuen Spielsystems mit zwei defensiven Mittelfeldspielern interpretiert werden. Zweimal schloss Amanatidis einen der fast unbedrängten Frankfurter Vorstöße über die rechte Seite zur Führung ab, zweimal schlug Werder durch Einzelaktionen von Özil und Sanogo zurück. Als Werder nach der Pause die Frankfurter 20 Minuten einschnürte, schien der Findungsprozess erfolgreich abgeschlossen: Mesut Özil und Marko Marin gaben den geteilten Diego und drangen über ihre Halbpositionen mehrfach gefährlich in den Strafraum ein. Wohlige Siegeszuversicht breitete sich aus.

Dann unterlief Rückkehrer Tim Borowski einen Eckball, Petri Pasanen verlor zum wiederholten Mal die Orientierung und es stand plötzlich 2 : 3. Es blieben zwar immer noch 20 Minuten - dennoch schienen die Bremer durch den erneuten Rückschlag den Glauben an sich selbst verloren zu haben: Özil und Marin verzettelten sich zunehmend in Einzelaktionen und zeigten, dass sie in Drucksituationen zu fragil sind, dem Spiel eine Wende zu geben. Die erfahrenen Frings und Borowski fügten sich dann seltsam lethargisch in die Niederlage.

"Wir waren zu passiv", diese Aussage variierte Thomas Schaaf auf zahlreiche Weise. Er meinte damit zwar die Mannschaft, aber es wäre nicht falsch, wenn der selbstkritische Werder-Trainer diese Aussage auch auf die Aktivitäten der sportlichen Leitung während der Sommerpause anwenden würde.

Womöglich hat man sich hier von der medialen Panikmache anstecken lassen und das Augenmerk zu sehr auf eine Kompensation für den verloren gegangenen Diego gelenkt: Das Mittelfeld ist nach den Einkäufen von Marin und Borowski noch das kleinste Problem. Wenn dagegen im Angriff die Hoffnungen auf dem für seine Frühform bekannten Boubacar Sanogo ruhen, dann ist das trotz des guten Auftritts des Rückkehrers kein gutes Zeichen. Das lange Warten auf Claudio Pizarro nimmt langsam Beckettsche Dimensionen an, zumal Neueinkauf Marcelo Moreno noch nicht richtig eingeschätzt werden kann.

Das Hauptproblem scheint aber in der Bremer Abwehr zu lauern, wo im Sommer gar nichts passiert ist. Auf der Dauerbaustelle an der linken Außenbahn ließ diesmal Pasanen Handlungsbedarf auf dem Transfermarkt erkennen. Und in der Innenverteidigung fehlt ein solider Back-Up für die Innenverteidiger Naldo und Mertesacker. Sebastian Prödl ist eher ein Mann für die Zukunft als für den unmittelbaren Befreiungsschlag aus dem Mittelmaß. Kein Wunder, dass auf der Tribüne ein Name kursierte, der eine kurzfristige Lösung für dieses Problem darstellen könnte: Frank Baumann.

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