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Werder Bremen auf AbstiegsplatzDie Luft wird dünner

Werder Bremen hat nach der 0:1 Niederlage gegen den VfL Wolfsburg immer weniger Zeit, den Abstieg in die Zweite Liga noch abzuwenden.

Knien aus Solidarität: Die Spieler von Werder Bremen und dem VfL Wolfsburg Foto: Patrik Stollarz/dpa

Bremen taz | Verzweifelt sprang Werder Bremens Trainer Florian Kohfeldt nach dem Schlusspfiff hoch, drehte sich einmal um die eigene Achse und sah dann ein, dass es nichts mehr auszurichten gab. Seine Mannschaft hatte auch diese Chance, sich noch an den 16. Tabellenplatz heranzuschieben, der zumindest noch ein Entscheidungsspiel um den Klassenerhalt vorsieht, verpasst.

„Die Tabelle macht mir weiter Mut“ sagte Kohfeldt nach dem Spiel. „In vier Spielen kann man das aufholen.“ Aber wer die letzten beiden Heimspiele im Weserstadion gegen Eintracht Frankfurt und am Sonntag gegen den VfL Wolfsburg gesehen hat, kann daran nicht mehr recht glauben.

Nicht weil Werder schlecht gespielt hätte, sondern weil aus großem Kampf und größtenteils guter Spielanlage wieder nichts herausgesprungen ist. Der VFL Wolfsburg hat sich mit dem knappen Sieg wieder auf einen Europa-League-Platz geschoben und zeigte sich von dem kleinen Zwischentief bei der Niederlage gegen Eintracht Frankfurt gut erholt.

Im Vorfeld ging es mehr um Randnotizen als um die existentielle Bedeutung des Spiels für Werder. „Bremen hat sehr viel über Solidarität gesprochen in der Coronapause, weil sie lange Zeit nur in Kleingruppen trainieren durften“, stichelte Wolfsburgs Trainer Oliver Glasner. „Ich denke, es ist auch jetzt ein Zeichen der Solidarität, diese Atmosphäre im Stadion nicht zu seinen Gunsten auszunutzen.“ Er meinte die Geräuschkulisse, die Werders Reservisten- und Betreuerteam in den letzten beiden Heimspielen im fast leeren Weserstadion aufgebaut hatte.

„Mit dem Hinweis auf Solidarität wird etwas in einen Zusammenhang gebracht, das gar nicht zusammenpasst“, konterte Werder-Sportchef Frank Baumann. „Wir versuchen, Leidenschaft von der Bank aufs Feld zu projizieren.“ Inzwischen hat Glasner eingeräumt, bei der Wortwahl danebengelegen zu haben.

Spieler solidarisieren sich

Angebracht war der Hinweis auf Solidarität dagegen bei der Aktion der Spieler vor dem Anpfiff: Alle 22 Akteure knieten sich um den Mittelkreis und zeigten damit ihre Solidarität mit den Protesten gegen Rassismus in den USA.

Die erste Hälfte des Spiels war ein Spiegelbild von Werders Spiel gegen Eintracht Frankfurt. Die Grün-Weißen gingen verbissen in die Zweikämpfe, ließen nach hinten außer einer Chance von Wout Weghorst, der allein auf Torwart Jiri Pavlenka zulaufen konnte, wenig zu. Nach vorn gelangen ein paar vielversprechende Angriffe, bei denen Yuya Osako und Joshua Sargent im Abschluss aber die letzte Durchschlagskraft fehlte.

„In der Position bleiben“ mahnte Kohfeldt seine Spieler immer wieder. Zwei Dinge sollten sie anders als gegen Eintracht Frankfurt durchhalten: die Mentalität und den Spielplan.

Nach dem Wechsel entwickelte sich ein intensives Kampfspiel auf Augenhöhe, in dem beide Teams ihre dominierenden Minuten hatten, aber nicht die ganz großen Möglichkeiten zur Vorentscheidung. In dieser Phase, wenn die Kraft nachlässt, das befreiende Erfolgserlebnis immer länger ausbleibt, die Angst vorm Gegentreffer zunimmt, vermisst eine Heimmannschaft im Geisterspiel ihren Anhang wohl am meisten. Statt der Energiewellen, die sonst in solchen Momenten zwischen Mannschaft und Publikum hin und her strömen, setzte der große Regen ein. „Werder-Wetter“ sagte man dazu einmal.

Die Hoffnung ist getrübt

Als sich das wieder lichtete, war Werders Schicksal zumindest für diesen Nachmittag besiegelt. Der entscheidende Spieler der Siege gegen Freiburg und Schalke, Leonardo Bittencourt, spielte am Wolfsburger Strafraum in aussichtsreicher Position einen Fehlpass und die Wölfe zogen den einen starken Konter auf, den Weghorst freistehend mit dem Kopf abschloss und der zum Sieg reichte. Am Ende war es wieder – wie gegen Eintracht Frankfurt – die individuelle Klasse im Angriff, die den Unterschied zuungunsten der Bremer ausmachte.

Rechnerisch hat Werder Bremen vier Spiele Zeit, die drei Punkte und ein schlechteres Torverhältnis gegenüber dem Tabellensechzehnten Fortuna Düsseldorf aufzuholen. Die Hoffnung darauf wird aber durch mehr getrübt als durch die Tatsache, dass einer der Gegner Bayern München heißt.

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  • Das deutsche Vereinsleben ist über 150 Jahre alt. Da kamen Männer, Frauen und Kinder zusammen – jeglicher Weltanschauung, aus allen Schichten. Das machte Deutschland bürgerlicher, sozialer und demokratischer. Auch in Bremen. Man denke nur an den Verein „Vorwärts“, gegründet 1846. Vereine waren gemeinnützig tätig in allen Lebensbereichen, auch in Sport und Spiel. Wie „Werder Bremen“. Gegründet 1899, ist Werder heute mit über 40.000 Mitgliedern einer der 15 größten Sportvereine Deutschlands.



    Das Vereinsleben erfolgte nach strengen Regeln. Klatsch und Tratsch gab es schon immer, das gehört zum Leben dazu. Aber verpönt war, sofern nicht ausdrückliches Anliegen des Vereins, über drei Themen zu debattieren: Über Politik, Religion und über das, was dem einzelnen Vereinsmitglied unter dem häuslichen Dach widerfuhr. Mit Fug und Recht, denn nur so konnten ganz unterschiedliche Menschen zusammen auf das Ziel des Vereins hinarbeiten.



    Werder Bremen bricht seit Jahr und Tag das Tabu „Kein Sprechen im Verein über Politik!“. Im Stadion und außerhalb wird politisiert, Werders Präsident und Geschäftsführer, Dr. Hubertus Hess-Grunewald, vorneweg. Unsere Sport- und Sozialsenatorin Anja Stahmann (Bündnis 90/ Die Grünen) und unser Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) fördern das durch Fanprojekte und durch „Aktiv gegen Rechts“.



    Beim Bundesligaauswärtsspiel von Werder Bremen in Frankfurt am 1.9.2018 entrollte die Werder-Fangruppe „Caillera“ im dortigen Gästeblock gar ein Banner mit der Parole „Deutschland Du mieses Stück Scheiße“. Ein Beispiel für Hass, Hetze und Selbsthass.



    Das schadete Werder. Ja, die Geister, die man rief …



    Ob Werders Bundesligaelf absteigt, werden wir am Samstag erleben. Es wäre schlimm. Weitaus schlimmer jedoch ist: Die Politisierung aller Lebensbereiche schadet ganz Bremen. Wir stehen schlecht da, verglichen mit früher und mit den anderen 15 Bundesländern. Eindeutig. In allen Ressorts.



    Naht Rettung? Ich sehe keine. Woher sollte die auch kommen?!



    Martin Korol, Bremen