Werbungskostenpauschale steigt minimal: Steuerersparnis unter Pizza-Niveau
Union und FDP legen ihren Steuerstreit bei und einigen sich auf eine Mini-Entlastung. Weitere Maßnahmen folgen erst 2012. Die Wirtschaft wächst derweil.
BERLIN taz | Für die Arbeitnehmer gibt es schon in diesem Jahr eine Steuerentlastung. Union und FDP einigten sich am Mittwoch darauf, dass die Werbungskostenpauschale von 920 auf 1.000 Euro steigt. Den Staat kostet dies 330 Millionen im Jahr.
Viele Arbeitnehmer werden von dieser Entlastung allerdings nichts spüren. Denn selbst wer die Reichensteuer von 45 Prozent zahlt, würde im Jahr nur um 36 Euro entlastet – macht ganze drei Euro im Monat. Dafür bekommt man noch nicht einmal eine Pizza. Zudem profitiert etwa die Hälfte aller Beschäftigten gar nicht von dieser Reform, wie die Lohnsteuer-Hilfsvereine ausgerechnet haben: Diese Arbeitnehmer haben Werbungskosten von über 1.000 Euro und werden daher weiterhin Einzelbelege abrechnen.
Ursprünglich war die Anhebung der Werbungskostenpauschale erst für 2012 geplant. Die Liberalen konnten jetzt durchsetzen, dass sie rückwirkend auch für 2011 gilt. Indirekt hatte FDP-Generalsekretär Christian Lindner mit einem Bruch der Koalition gedroht, falls Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) seinen hinhaltenden Widerstand nicht aufgeben würde. "Wenn man sich auf Zusagen nicht verlassen kann, könnte eine Koalition nicht arbeiten", hatte Lindner am Montag gesagt.
Die erhöhte Werbungspauschale gehört zu einem Paket von 41 Maßnahmen der Steuervereinfachung, auf die sich die schwarz-gelbe Koalition im vergangenen Dezember geeinigt hatte. Der Rest tritt jedoch erst 2012 in Kraft. So soll unter anderem der Abzug von Betreuungskosten für Kinder vereinfacht werden. Auch soll die Einkommensprüfung bei volljährigen Kindern entfallen, die noch in der Ausbildung sind und Kindergeld erhalten. Diese Maßnahmen kosten den Staat weitere 260 Millionen Euro.
Die Liberalen geben die Hoffnung jedoch nicht auf, dass sie rechtzeitig zur Bundestagswahl 2013 noch eine größere Steuerreform durchsetzen können. Schließlich ist das Wachstum "sensationell", wie FDP-Wirtschaftsminister Rainer Brüderle befand, als er am Mittwoch den Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung vorstellte. Um 2,3 Prozent soll das deutsche Bruttoinlandsprodukt 2011 wachsen – bisher hatte die Regierung 1,8 Prozent prognostiziert. Für 2012 wird jetzt ebenfalls ein Plus von 1,8 Prozent erwartet.
Wie schon in den vergangenen Jahren wird vor allem der Export zulegen: Er soll 2011 um 6,5 Prozent ansteigen. Doch auch die Binnennachfrage wird anziehen, glaubt die Bundesregierung. Denn die Arbeitslosigkeit soll weiter sinken – und im Jahresdurchschnitt nur noch 2,94 Millionen Menschen betreffen.
Diese freundliche Prognose stimuliert nicht nur die Steuerdebatten. Auch die Sozialpolitiker reichen schon Vorschläge ein. So gilt es in der Union als durchaus denkbar, dass der Beitragssatz zur Rentenversicherung schon im Jahr 2013 von 19,9 auf 19,3 Prozent sinken könnte.
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