Werbung für Kroatiens Konservative: Wahlhelferin von der Leyen
Die EU-Kommissionspräsidentin hat Werbung für Kroatiens Regierungspartei HDZ gemacht. Kritiker*innen sehen die Neutralitätspflicht verletzt.
Mit der Wahlwerbung habe sie ihre Neutralitätspflicht verletzt, klagen Rechts-Expert*innen und Europapolitiker*innen der anderen Parteien. Ein Juraprofessor reichte sogar Beschwerde bei der EU-Bürgerbeauftragten in Brüssel ein.
Von der Leyen hatte ein kurzes Video gedreht, in dem sie zur Wahl der HDZ aufrief. In dem Wahlclip waren auch andere konservative Parteichefs zu sehen, etwa Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und Österreichs Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Auf den ersten Blick nichts Ungewöhnliches.
Doch von der Leyen machte zwei Fehler, die nun für Empörung sorgen. Zum einen ließ sie sich im Gebäude der EU-Kommission drehen, noch dazu vor einer Europaflagge. Zum anderen wurde sie in dem Clip als Präsidentin der EU-Kommission präsentiert – und nicht als Privatperson oder als Politikerin der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP). Hier setzen nun die Kritiker an.
Amtseid gebrochen
Die CDU-Politikerin habe den Verhaltenskodex der EU-Kommission verletzt, lautet ein Vorwurf. „Die Kommissionsmitglieder enthalten sich jeglicher öffentlicher Äußerung und jeglichen Auftritts im Namen einer politischen Partei“, heißt es in dem Kodex. Zudem breche sie den Amtseid, den sie vor dem Europäischen Gerichtshof geleistet hat, und der sie zu Unparteilichkeit und Neutralität verpflichtet.
Der Pariser Juraprofessor und Gründer der pro-europäischen Initiative „The Good Lobby“, Alberto Alemanno, reichte eine Beschwerde bei der Bürgerbeauftragten ein. Er wirft der Kommissionschefin „Missmanagement“ vor. Von der Leyens Sprecher erklärte dagegen, es habe sich lediglich um „technische Fehler bei der Post-Produktion“ des Videos gehandelt. Diese „Fehler“ seien mittlerweile abgestellt.
Öffentlich entschuldigen wollte sich von der Leyen allerdings nicht. Dies bringt nun Europapolitiker*innen anderer Parteien auf die Palme. „Mit dieser Parteinahme im kroatischen Wahlkampf verspielt sie Vertrauen und dadurch beschädigt sie das Amt“, sagte der Vorsitzende der SPD-Europaabgeordneten, Jens Geier. Von der Leyen stelle sich damit „automatisch gegen andere politische Gruppen, mit denen sie aber in Brüssel zusammenarbeiten muss.“
Kritik kam auch von der Linken. „Die Erklärung, Frau von der Leyen habe als Privatperson gesprochen, wirkt wie eine nachgeschobene Ausrede“, sagte die Europaabgeordnete Özlem Alev Demirel. Diese „Missachtung des Neutralitätsgebots“ müsse Konsequenzen haben. Gefragt sei eine stärkere parlamentarische Kontrolle der EU-Behörde.
Die Affäre kommt für von der Leyen zur Unzeit. In Brüssel beginnt gerade die heiße Phase der Verhandlungen über ein neues EU-Budget und einen Wiederaufbauplan. Dafür braucht die Kommission die Unterstützung des Europaparlaments.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag