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Weniger Treibhausgase durch HomeofficeLockdown nutzt dem Klima

Telearbeit schützt das Klima und entlastet den Verkehr. Umweltschützer setzen sich für ein Recht auf Homeoffice ein.

Die Arbeit im HomeOffice ist gut für das Klima Foto: Hans Lucas/imago images

Berlin taz | Das Coronavirus ist zwar eindeutig ein Menschenfeind, aber vielleicht auch ein Klimaretter. In den ersten Monaten der Pandemie hat sich der weltweite Ausstoß an Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre deutlich verringert und damit auch die Dynamik des Treibhauseffekts. Wissenschaftlerinnen des Berliner Instituts für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT) haben in einer von Greenpeace beauftragten Studie untersucht, welche Rolle dabei die verstärkte Nutzung des Homeoffice in der Arbeitswelt spielt und wie sich dieser Trend zum virtuellen Büroarbeit verstetigen lässt.

„Das Homeoffice ist eine Möglichkeit, stau- und abgasgeplagte Städte dauerhaft zu entlasten und Emissionen im Verkehrsbereich zu senken“, stellen die IZT-Autorinnen Lisa Büttner und Anna Breitkreuz in ihrer Studie „Arbeiten nach Corona. Warum Homeoffice gut fürs Klima ist“ fest. Nach ersten Schätzungen hat sich mit dem Lockdown seit März, mit dem aus Gründen des Infektionsschutzes auch viele Betriebe der Dienstleistungsbranche zeitweilig geschlossen wurden, der Anteil der „elektronischen Heimarbeit“ in der deutschen Wirtschaft auf 25 bis 37 Prozent erhöht. Zuvor lag die Zahl der Homeoffice-Nutzerinnen und -Nutzer bei etwa 13 Prozent.

Der Homeoffice-Schub hat auch ganz Europa erfasst, wie die in der Studie verwendeten neueren Daten der EU-Statistik-Behörde Eurostat verdeutlichen. Danach hat sich im ersten Halbjahr 2020 der Anteil der Homeoffice-Arbeitsplätzen an allen Arbeitsstätten auf 39 Prozent erhöht. Spitzenreiter ist Finnland mit 59 Prozent vor Holland mit 54 und Belgien mit 53 Prozent. Deutschland rangiert in der EU-Statistik mit 37 Prozent Homeoffice-Arbeitsplätzen etwas unterhalb des Europa-Durchschnitts. Erstaunlicher­weise kommen auch die baltischen Staaten, sonst IT-Pioniere, auf keine höheren Werte. Schlusslicht ist Rumänien mit 18 Prozent.

„Der sprunghafte Anstieg von Menschen, die plötzlich von zu Hause aus arbeiten, hat der digitalen Durchdringung unserer Gesellschaft einen Schub versetzt“, heben die IZT-Forscherinnen hervor. Bisherige Arbeitsroutinen würden durch die aktuellen Erfahrungen mit dem verteilten Arbeiten in der Pandemie neu bewertet: „Müssen wir fünf Tage die Woche von unserer Wohnstätte zu einem teilweise weit entfernten Schreibtisch bewegen? Oder lassen sich viele Tätigkeiten nicht ebenso gut am heimischen Schreibtisch erledigen?“ Das klassische Pendlermodell, das für die gesundheits- und klimaschädlichen Verkehrsemissionen mit verantwortlich ist, kommt auf den Prüfstand.

Weniger Pendelverkehr

Die IZT-Untersuchung rechnet zwei Modelle durch: Ein oder zwei zusätzliche Homeoffice-Tage und ihre Umweltauswirkungen, und zwar in zwei Varianten. Das „konservative Szenario geht von einem Homeoffice-Anteil von 25 Prozent aus, die „fortschrittliche Variante“ legt 40 Prozent zugrunde. „In unserem konservativen Szenario könnte ein zusätzlicher Homeoffice-Tag in Deutschland 1,6 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr einsparen und die Verkehrsleistung des Pendelverkehrs um 10,9 Milliarden Personenkilometer reduzieren“, bilanziert die Studie. Damit könnten die Emissionen des Pendelverkehrs pro Jahr um 5 Prozent gesenkt werden.

In der EU hat sich der Anteil der Homeoffice-Arbeitsplätze auf 39 Prozent erhöht

Im fortschrittlichen Szenario werden an einem Tag 18,4 Milliarden und bei zwei Tagen 35,9 Milliarden Personenkliometer an Pendelfahrten eingespart. Daraus ergeben sich jährliche Emissionsreduktionen von 2,8 Millionen Tonnen CO2 bei einem und 5,4 Millionen Tonnen CO2 bei zwei Tagen. „Das entspricht 18 Prozent der Emissionen aus dem Pendelverkehr und 4 Prozent der Gesamtemissionen des Personenverkehrs in Deutschland.“ Auch die Straßen würden gerade in den Stoßzeiten deutlich entlastet. Ein Stück Verkehrswende durch mehr Heimarbeit.

Vor allem der private Autoverkehr müsste reduziert werden. Nach Daten des Bundesverkehrsministeriums stammen von den jährlich 30 Millionen Tonnen Kohlendioxid aus dem Verkehr in Deutschland 90 Prozent aus dem Pendelverkehr mit dem privaten Auto zum Arbeitsplatz. Der übergroße Anteil, nämlich 86 Prozent, entsteht aus Fahrten, bei denen nur eine Person im Auto sitzt. Lediglich 6 Prozent, sind auf Mehrpersonenfahrten zurückzuführen. Allein an dieser Stelle ergäbe sich ein Reduktionspotential. Acht Prozent der Emissionen stammen aus dem öffentlichen Nah- und Fernverkehr. Zum Vergleich: Der gesamte Personenverkehr verursacht jährlich 145 Millionen Tonnen CO2.

„Die Coronamonate haben gezeigt, dass sich viele Arbeiten problemlos von zu Haus erledigen lassen“, erklärt Greenpeace-Sprecher Benjamin Stephan. „Bundesregierung und Unternehmen sollten die Arbeit im Homeoffice jetzt konsequent fördern, denn Telearbeit schützt das Klima, entlastet den Verkehr und schenkt Arbeitnehmenden Zeit und Flexibilität.“

Geld für öffentlichen Verkehr

Die Bundesregierung sollte jetzt damit beginnen, die Pendlerpauschale schrittweise zu streichen und die freiwerdenden Gelder in einen attraktiven öffentlichen Verkehr investieren, lautet eine zentrale Forderung der Umweltorganisation. Auf diese Weise könnten auch schlechter bezahlte ArbeitnehmerInnen profitieren, „deren Tätigkeiten sich seltener ins Homeoffice verlagern lassen“.

Nötig sei ein „gut gestalteter regulativer Rahmen“, in dem faire Arbeitsbedingungen mit Maßnahmen zur Förderung erneuerbarer Energien kombiniert werden: „Dann kann Homeoffice ein wichtiger Teil der Mobilitätswende sein“, so Greenpeace. Zum künftigen Rechtsrahmen, den die Studie skizziert, sollte etwa „ein Recht auf Homeoffice“ gehören. Was bedeutet: „Arbeitende, deren Tätigkeiten sich auch von zu Hause erledigen lassen, sollten daran von ihren Arbeitgebern rechtlich nicht gehindert werden können.“

Hinzukommt die Verbesserung der in Deutschland noch unzureichenden technischen Infrastruktur, kurz: „Gutes Netz für alle“. Konkret müsse der rasche Ausbau von Glasfaseranschlüssen und die Einführung eines flächendeckenden 5G-Netzes für alle Haushalte, auch in den ländlichen Regionen, vorangetrieben werden, damit die Hardwarevoraussetzungen für Telearbeit gegeben sind.

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5 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • es würde auch den wohnungsmarkt entspannen wenn einiege die bloss noch 2 tage anwesenheitspflicht haben weiter raus ziehen. dazu muss natürlich in der fläche internet zur verfügung stehen. bei einer abschaffung der pendlerpauschale entsteht eher ein gegenteiliger effekt wenn dann auf einmal die gutverdiener in die innenstadt ziehen und auch höhere mieten zahlen können.

  • Mal abgesehen davon, dass auch mir einige Zahlen im Artikel ziemlich merkwürdig und auch widersprüchlich vorkommen, ist das Internet jetzt schon für über 4 % der globalen Treibhausemmissionen verantwortlich.

    Das entspricht rund 800 Mio Tonnen CO2 jährlich. In Deutschland sind das rund 24 Mio t. Allein der deutsche E-Mail Verkehr verbraucht täglich rund 1000 t CO2.

    Dass der Pendlerverkehr reduziert werden muss, keine Frage. Aber das Internet als Hoffnung fürs Klima zu verkaufen ist wirklich sehr, sehr einäugig.

    • @Deep South:

      Vor allem müsste man bei dieser Frage unterscheiden, WIE das internet im home office genutzt wird. E-Mail mit reinen Textnachrichten dürfte da das geringste Übel sein, ganz anders aber, wenn mensch den ganzen Tag in (möglichst hochauflösenden) Videokonferenzen sitzt, vgl. www.berliner-zeitu...ie-umwelt-li.97007

  • Bei dieser ganzen Diskussion ums Home-Office kommt mir zu kurz, dass sich viele HOMEs dafür gar nicht eignen. Wohnung zu klein, kein richtiger Schreibtisch/Stuhl da, Wlan zu schlecht, um nur einige Gründe zu nennen. Und auch bei jemandem im Homeoffice ist der Arbeitgeber für den Arbeitsplatz zuständig - wenn kein geeigneter Arbeitsplatz reinpasst, weil Wohnung zu klein, ist das mit der Arbeit zuhause schnell erledigt. Buckeln am Küchentisch ist kein Ersatz für einen Schreibtisch! Und mit den Online-Meetings ist das so ne Sache - ich finde brüllende Kinder und kläffende Köter im Hintergrund extrem störend.

  • What?

    "..stammen von den jährlich 30 Millionen Tonnen Kohlendioxid aus dem Verkehr in Deutschland 90 Prozent aus dem Pendelverkehr.."

    Was ist das für eine Aussage? Privates Arbeitsplatzpendeln ist für 90" CO2 verantwortlich? Und Urlaub, Einkauf und die LKW teilen sich 10%?

    Oder ist die Zahl 30Mio aus der Luft gegriffen und man hätte auch sagen können 100% sind für 27 Mio to verantwortlich?

    Egal wie, damit ist die Grundaussage stark belastet. Denn es ist überhaupt nicht klar, wie das mit dem homework in nicht-corona Zeiten funktionieren wird, ob nicht zwischendurch mal schnell zum Einkaufen gefahren wird und wie das Ganze wieder in die Mockerie mündet, wenn die Befürworter plötzlich feststellen, dass die öffentliche Verwaltung nicht mehr in Person erreichbar ist.