Weniger Geld für Islamverband Ditib: Emanzipation von Erdoğan
Die Bundesregierung dreht Ditib und dem Zentralrat der Muslime den Geldhahn zu. Stattdessen sollte ein liberaler Islam gefördert werden.
Aktuell sei unklar, mit wem wirklich verhandelt werde, „wenn es um Projektförderung, Seelsorge, Islam-Unterricht und gar die Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts“ gehe, sagt Beck – und macht so klar, das er die Vertreter von Ditib und Zentralrat für Marionetten hält.
Vor allem Ditib war in den vergangenen Monaten verschärft in die Kritik geraten: Der Organisation mit Hauptsitz in Köln-Ehrenfeld wird vorgeworfen, von der Regierung des türkischen Autokraten Recep Tayyip Erdoğan abhängig zu sein. Ditib-Imame werden von der türkischen Regierung bezahlt – und die nutzt die Geistlichen offenbar als ihren verlängerten Arm in der Bundesrepublik, macht Druck auf den liberalen Ditib-Flügel. Erdoğan-Kritiker gelten schnell als Anhänger der in der Türkei verbotenen Gülen-Bewegung. Sie klagen über Bespitzelung, werden zur Rückkehr in die Türkei aufgefordert.
Dem Zentralrat werden dagegen Nähe zur islamistischen Muslimbruderschaft, Milli Görüs antisemitische Tendenzen und ein nationalistisches, demokratiefeindliches Staatsverständnis vorgeworfen – „Milli Görüs“ bedeutet „Nationale Sicht“.
Bereits Bewilligtes wird weiter finanziert
Die Bundesregierung erhöht deshalb aktuell den Druck auf die Verbände – und dreht Ditib und dem Zentralrat den Geldhahn zu. Im laufenden Jahr sein noch kein einziger Ditib-Antrag auf Förderung bewilligt worden, so ein Sprecher des CDU-geführten Bundesinnenministeriums.
Die Folge: Flossen 2017 noch 1,47 Millionen Euro in Ditib-Projekte vor allem zur Unterstützung von Geflüchteten, werden es im kommenden Jahr nur noch 300.000 Euro sein. 2016 lag die Förderung bei 3,27 Millionen Euro, so die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Anfrage der Grünen. Auch die Unterstützung für Projekte des Zentralrats der Muslime wird von einer Million Euro in 2017 auf 100.000 Euro in 2018 drastisch beschnitten.
Bereits bewilligte Projekte werden aber weiter finanziert. Der amtierende CDU-Innenminister Thomas de Maizière will das ausdrücklich als Signal an den liberalen Ditib-Flügel verstanden wissen: Die noch laufenden Zahlungen seien als „positive Impulse in Richtung der geforderten und notwendigen Ablösung Ditibs von der Türkei“ zu werten, so ein Ministeriumssprecher in schönster Offenheit. Auch die rot-grüne Landesregierung Niedersachsens hat Verhandlungen über eine Anerkennung der Muslim-Verbände als staatlich geförderte Religionsgemeinschaften bereits im Frühjahr gestoppt.
Schnell Aufgehen dürfte dieses Konzept der Förderung nur bei einer Emanzipation von Erdoğan & Co. allerdings nicht. Ditib-Generalsekretär Bekir Alboga schäumt bereits: auch nur der Verdacht einer Nähe zur türkischen Regierung sei eine „Absurdität“.
Jetzt kommt es auf die künftige Bundesregierung an
Dazu kommt: Natürlich gibt es liberale Muslime, die tief in der bundesrepublikanischen Kultur verankert sind, die Deutschland und seine Sprache im Gegensatz zu den üblicherweise nur für fünf Jahre entsandten Ditib-Imamen als Heimat auch im neugrünen Sinn begreifen. Organisatorisch stark sind sie aber nicht, wie zuletzt die geringe Resonanz auf die Friedensdemo des Liberal-Islamischen Bundes im Juni in Köln gezeigt hat. Interessant bleibt, ob die künftige Bundesregierung den Mut hat, nicht nur bei Ditib und Zentralrat zu kürzen – sondern gerade diesen liberalen Islam auch gezielt finanziell zu fördern.
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