piwik no script img

Weniger Distortion-Pedal

Rolemodel für Indie-Rockbands und Anti-Stars wie Kurt Cobain: Frank Black im Maria

Bei Frank Black zeigt sich mal wieder, dass man nicht nach dem äußeren Schein urteilen soll. Sonst würde man Black wohl eher als Idealbesetzung für die Rolle des sinistren Metzgergesellen in einer imaginären Fortsetzung des Films „Delicatessen“ in Betracht ziehen denn als geistigen Vater unzähliger Indierock-Bands und Rolemodel für Anti-Stars wie Kurt Cobain.

Und doch wohnt diesem so robust wirkenden Mann eine zerbrechliche Zärtlichkeit inne, die den eigentlichen Charme seiner Musik bildet. Trotz des auch auf dem aktuellen Black-Album – „Dog In The Sand“, dem dritten mit seiner Begleitband The Catholics – nach wie vor gültigen Faibles für ungeschönten und knarzigen Sound sind es gerade die eher ruhigeren Momente der simplen, aber raffinierten Kompositionen, die dem Gitarrenrock Hoffnung auf eine vitale Zukunft machen könnten.

Anstatt des bei den Pixies und deren Epigonen noch unverzichtbaren Stilmittels der Laut-und-leise-Dynamik bedient sich Black heute entspannter und fein gesponnener Arrangements. Die Kraft der Musik liegt dabei in der aufgeräumten Direktheit der einzelnen Instrumente und Blacks ausdrucksstarker Stimme. Die Produktion tut ihr Übriges mit einem authentischen und warmen Klangbild. Die Songs auf „Dog In The Sand“ wurden live im Studio eingespielt und ausschließlich auf analogem Equipment aufgenommen. Dabei durchzieht sie bei aller Präzision die jederzeit spürbare Lust am Jam. Blacks Musik transportiert dabei mehr denn je das archaische Flair amerikanischer Standards – mit einen Twist von Schrägheit und pointierter Irritationen versehene Songs. Tatsächlich klingt die Band gerade auch live nach jenem unbestimmten Gefühl, das als Vorstellung von Americana wohl in der privaten Mythenwelt vieler existiert. Ganz viel Weite, jede Menge Road-Feeling und unerschütterliches Vertrauen in die Kraft der Blues-Tonleiter. Wenn da nur nicht diese gehässige Stimme wäre. Sie berichtet von den Absurditäten und Dramen des Alltags und liegt einem unaufhörlich in den Ohren: Ist wirklich alles in Ordnung? Sei ehrlich! Es kann doch nicht sein, dass wirklich restlos alles in Ordnung ist, oder? Frank Black, einer der großen Zyniker unter den Textern im Rock, kennt diese Stimme. Häufig genug ist es seine eigene. ULF IMWIEHE

Heute ab 20.30 Uhr, Maria, Straße der Pariser Kommune 8-11

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen