Wenig Unterstützung für TTIP in Brüssel: Nicht gerade ein Wirtschaftsboom

Mittelstand und Gewerkschaften kritisieren das zwischen der EU und den USA geplante Freihandelsabkommen. Nur die Amerikaner jubeln.

Haben als einzige Freude an TTIP: Unterhändler Dan Mullaney (USA, links) und Ignacio Garcia Bercero (EU, rechts) Bild: dpa

BRÜSSEL taz | Nicht nur aus Politik und Gesellschaft, auch aus der Wirtschaft und den Gewerkschaften bläst den Freihändlern in der EU der Wind ins Gesicht. Dies wurde gestern beim ersten öffentlichen Stakeholder-Treffen in Brüssel deutlich. Nur US-Vertreter lobten das geplante Freihandelsabkommen TTIP über den Klee. Die meisten europäischen Teilnehmer äußerten teils scharfe Kritik.

Eigentlich sollte das „Stakeholder Presentations Event“ beweisen, dass die EU-Kommission dazugelernt hat. Keine geheimen Lobbytreffen mehr in Hinterzimmern, Transparenz war die Devise. Wie in den USA üblich, waren die Vorträge strikt durchgetaktet, jeder hatte neun Minuten – egal ob nun die mächtige US-Handelskammer oder die weniger imposante österreichische Arbeiterkammer sprach.

Doch das selbst gesteckte Ziel wurde verfehlt. Denn zum einen kam keine echte Debatte zustande, dafür war nicht genug Zeit. Und die Transparenz ging selbst Lobbyisten nicht weit genug. „Da gibt es noch Raum nach oben“, sagte Sabine Ekens von der Mittelstandsvereinigung UEAPME. Für kleinere Unternehmen sei es „extrem schwierig“, den TTIP-Verhandlungen zu folgen.

Begeistert äußerten sich eigentlich nur die Amerikaner, die seltsamerweise auch zu dem EU-Event geladen waren. Die US-Handelskammer forderte mehr Tempo bei den Verhandlungen, genau wie die Vertreterin des Onlinehändlers Ebay. TTIP biete die Chance für eine „Demokratisierung des Handels“, lobte Ebay-Lobbyistin Hanne Melin.

Kritik seitens der Gewerkschaften

Etwas gedämpfter klang der Vertreter des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Felix Neugart. Eine verbandsinterne Umfrage habe ergeben, dass 60 Prozent der exportorientierten deutschen Firmen TTIP für wichtig halten – was nicht gerade viel ist. Massive Kritik und Misstrauen schlugen der Kommission von den Gewerkschaften entgegen.

Die schon fertigen Freihandelsabkommen mit Südkorea, Peru und Kolumbien hätten für die Arbeitnehmer keine Vorteile gebracht, sagte Nikolai Soukup von der österreichischen Arbeitskammer. Die wirtschaftliche Folgenabschätzung der EU-Kommission sei viel zu positiv. Selbst wenn man ihr folge, würde TTIP in Europa pro Jahr gerade einmal 0,022 Pozent mehr Wachstum bringen – das sei „nicht gerade ein Wirtschaftsboom, der uns aus der Krise bringt“. Eine Nachhaltigkeitsstudie fehle ganz, so Soukup.

EU-Verhandlungsführer Garcia Bercero beteuerte zwar, die werde noch vor der Sommerpause nachgereicht. Doch das könnte schon zu spät sein, wenn der Widerstand gegen TTIP wie bisher weiterwächst. Auch das Europaparlament drohte am Mittwoch, das Abkommen abzulehnen, falls der US-Geheimdienst nicht seine Abhöraktivitäten einstellt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.