Wende an den Rohstoffbörsen: Kaffeebauern bejubeln höhere Preise
Kaffeebohnen sind auf dem Weltmarkt so teuer wie seit Jahren nicht mehr. Das ist eine gute Nachricht für die Produzenten etwa in Lateinamerika.
Das ist erst einmal vorbei, denn niedrige Ernteprognosen bei den wichtigsten Exporteuren, Brasilien und Vietnam, sorgen dafür, dass Kaffee weltweit deutlich knapper und somit auch deutlich teurer geworden ist.
Das zeigt die Kursentwicklung an den Handelsplätzen in New York und London. Seit dem 20. Juli 2021, dem Tag, als die niedrigen Ernteprognosen die Kaffeewelt erschütterten, kennen sie nur noch eine Richtung: aufwärts. „Am 12. Oktober stiegen die Kurse erstmals seit 2014 auf 200 US-Cent pro Pfund Kaffee. Für uns war das wenige Wochen vor dem Ernteauftakt eine positive Nachricht. So konnten noch etliche Kontrakte nachverhandelt werden. Unsere Bauern werden bei der laufenden Ernte endlich einmal Gewinne machen“, sagt de León. Am Mittwoch kostete das Pfund circa 2,30 Dollar.
„Schulden abbauen“ lautet die Devise vorerst bei vielen Kaffeebauern Guatemalas. In den vergangenen Jahren hangelten sie sich laut Fedecocagua meist am Rande der Pleite entlang, weil der Weltmarktpreis unter ihren Produktionskosten lag. Auch am 20. Juli war das so. Da lag er mit 1,66 US-Dollar pro US-amerikanisches Pfund von 453,6 Gramm unter der Marge der Rentabilität. Nur weil viele Bauern längst Fair-Trade- oder biozertifiziert sind, bekommen sie bessere Preise und obendrein verkaufen sie ihre besten Kaffees an Gourmet-Röstereien. Die legen für Spitzenqualität noch einmal etwas oben drauf. Nur wegen dieser dreigeteilten Verkaufsstrategie kommen die Bauern über die Runden.
„Lokale Besonderheiten wie die nährstoffreichen Vulkanböden von Acatenango sorgen für große Nachfrage, gleichzeitig hat der Klimawandel in anderen Regionen wie der Costa de Sur den Kaffeeanbau zurückgehen lassen“, schildert de León die schwierigen Bedingungen. Die haben dafür gesorgt, dass die Produktionsmenge in Guatemala, nach Brasilien und Kolumbien der größte Kaffeeproduzent der Region, von 4,2 Millionen Sack à 69 Kilogramm auf 3,8 Millionen gesunken ist. Das hat Folgen, die sich in diesem Jahr an der Grenze der USA bemerkbar machen. Die Zahl der Migranten aus Mittelamerika ist außergewöhnlich hoch und auch eine Folge der Kaffeekrise der letzten Jahre, meint de León.
Etliche Bauern sind vom Kaffee auch auf den Anbau von Avocado und Zuckerrohr oder die Rinderzucht umgestiegen, denn der Kaffeeanbau ist arbeitsintensiv und wurde zu lange zu mies honoriert, wie Andreas Felsen vom Hamburger Röstkollektiv Quijote Kaffee sagt. Diese Faktoren tragen neben den negativen klimatischen Effekten in Brasilien und Vietnam zum Ernteeinbruch bei. Zudem könnte das niedrige Produktionsniveau durchaus anhalten, weil der Klimawandel in allen Produzentenländern für Probleme sorgt. Hinzu kommen die Engpässe bei der Verfügbarkeit von Containern, was den Transport der Kaffeesäcke aus den Produktionsländern in die wichtigsten Konsumländer, die USA und die EU-Staaten, erschwert.
Das kann sich 2022 mit guten Ernten in Brasilien und Vietnam wieder ändern, muss aber nicht. Ohnehin brauchen Kaffeepflanzen etwa drei Jahre, bis sie Früchte tragen, sodass die Kaffeekrise anhalten könne, so Felsen. „Grundsätzlich brauchen die Bauern kalkulierbare Preise, weshalb Kleinbauernorganisationen wie Símbolo de pequeños productores einen Preis von 2,30 US-Dollar pro Pfund Kaffee fordern.“ Das wäre ein Preis, der den Bauern ein anständiges Auskommen ermöglichen würde, so Felsen.
Die Einkaufspreise von Quijote Kaffee liegen mit 3,10 US-Dollar pro Pfund Kaffee ohnehin noch deutlich über dem Börsenpreis. Dafür verlangt das direkt importierende Röstkollektiv hohe Qualität von den Partnergenossenschaften und finanziert die Ernte obendrein vor. Das ist selten im Kaffeehandel und sorgt ganz nebenbei für Liefersicherheit – in Zeiten knappen Angebots ein wichtiger Faktor.
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