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Weltwirtschaftsforum in HanoiKritische Stimmen nicht erwünscht

Beim großen diplomatischen Ereignis in Hanoi sollen Menschenrechtler nicht stören. Ihnen wird die Einreise verweigert.

Auch die Burmesin Aung San Suu Kyi ist beim Welthandeslforum dabei Foto: ap

Vietnam hat zwei Vertretern internationaler Menschenrechtsorganisationen die Einreise verweigert und sie bis zu ihrer Abschiebung auf dem Hanoier Flughafen inhaftiert. Beide waren auf dem Weg zum Weltwirtschaftsforum der südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean, das am Dienstag in der vietnamesischen Hauptstadt begann. Dort beraten Regierungschefs und Außenminister der Region mit Firmenchefs.

Die Malaysierin Debbie Stothard, General­sekretärin der Internationalen Föderation für Menschenrechte FIDH, und der Inder Minar Pimple von Amnesty International waren von den internationalen Veranstaltern zu Po­diums­diskussionen über die Menschenrechte in Asien eingeladen. Der Hanoier Regierung sind die Aktivisten ein Dorn im Auge, sie hat sie auf ihre schwarze Liste gesetzt.

Debbie Stothard, die sich seit vielen Jahren für Bürgerrechte in der Region einsetzt, erklärte nach ihrer Abschiebung: „Ich hatte gehofft, Hanoi würde sich nicht der Erkenntnis versperren, dass Pluralismus, Menschenrechte und Freiheit für internationale Wirtschaftsfragen notwendig sind.“

„Situation vor Ort ist schlecht“

Die Einreiseverweigerungen schlagen Wellen bis nach Europa. Im EU-Parlament wartet derzeit ein mit Vietnam ausgehandeltes Freihandelsabkommen auf die Ratifizierung. „Die Festnahme beweist erneut, dass die Situation vor Ort schlecht ist“, sagt die Vorsitzende der Grünen/EFA im Europäischen Parlament, Ska Keller. „Ein wichtiges Problem ist, dass für dieses Freihandelsabkommen keine Folgenabschätzung für die Menschenrechte durchgeführt wurde.“ Dies habe auch die EU-Bürgerbeauftragte als Missstand bezeichnet.

Nach Ansicht der in Hessen ansässigen Menschenrechtsorganisation „Veto!“ könnte das Freihandelsabkommen Konflikte um Landnahme in Vietnam weiter verschärfen, „da der vietnamesische Staat Grundstücke als Kapitalbeitrag für Investitionsprojekte nutzt. Durch dubiose Stadtentwicklungsprojekte und durch Korruption haben Hunderttausende Familien ihre Häuser und Bodenstücke bereits verloren“, so das Fazit von „Veto!“.

Offen ist auch, ob Vietnam vor der Ratifizierung zentrale Konven­tio­nen der internationalen Arbeitsorganisation ILO umsetzen muss, um Chancengleichheit im Freihandel zu wahren. Es geht um die Vereinigungsfreiheit für Arbeitnehmer, Tarifverhandlungen sowie die Ächtung von Zwangsarbeit. Das sind für Vietnam sensible Punkte.

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1 Kommentar

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  • Auch ein moderater "linker " Staatsterrorismus wie der vietnamesische schadet der Weltlinken insgesamt. .Und für so ein System ist unsereiner einst nicht



    auf die Straße gegangen!



    Die self defeating-Folgen des Marxismusexports aus dem Westen nach Rußland und später Asien hängt besonders d e n westlichen Linken an, die zuhause das Wuchern der von Piketty oder Oxfam denunzierten ökonomischen Ungerechtigkeit , das Wachsen letztlich des immer riesigeren Reichtums- und Freiheits- und Würdegegensatzes zwischen den Reichen und den Armen in allen Kontinenten angreifen. Die die Handelskriege zwischen den kapitalistischen Konkurrenten von West und Ost in heißeKriege münden sehen, die wissen, was im Konzern- und Finanzkapitalismus "Freihandel" besonders für die einfachen Menschen, die Armen, die Prekarier an Verlust von Lebensqualität bedeuten kann.Genau nach solch selbstschädigenden "Freihandel" suchten anscheinen auch die vietnamesischen "Kommunisten". Es scheint, daß die steinzeitsozialistischen Nachfahren von Ho Chi Minh nicht mal über einen für eine fundierte Kritik der Krise des abrutschenden Globalneoliberalkapitalismus angemessenen kritisch-modernen Marxismus verfügen. Dafür spricht auch der rüde Umgang mit Menschenrechtlern.

    Plechanow beklagte Ende des 19. Jahrhunderts, daß die russischen linken Intellektuellen nicht mal über ein halbwegs bürgerliches Rechtsbewußtsein verfügten. Das bereitete dem Stalinterror den mühelosen Weg, selbst in der eigenen Partei.

    Ein adequates Bewußtsein globaler Menschenrechte--mit großer Mehrheit in der UNO akzeptiert- fehlt m.E. mehr oder weniger vorläufig allen sich als sozialistisch oder kommunistisch selbst verkennenden , aber trostlos sich in Fragen von Menschenrechten und Rechtsstaat nicht mal auf bürgerlicher Entwicklungsstufe befindlichen Staaten. Allein das schon schwächt die Chancen linker Politik , gerade in Europa ...