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Weltklasseboxen in NigeriaProjekt Afrika

In Nigeria gibt es Pläne, große Boxkämpfe zu organisieren. Die Regierung signalisiert Unterstützung, aber es gibt andere Probleme.

Soll als Boxer auferstehen: Anthony Joshua bei seiner Nieder­lage gegen Daniel Dubois, September 2024 in London Foto: PA Images/imago

Das Spektakel nennt sich zwar „Chaos in the Ring“, aber alle Beteiligten legen großen Wert darauf, dass es eine seriöse Boxveranstaltung wird. Am 1. Oktober wird in Nigerias Hauptstadt Lagos ein Profiabend stattfinden. In den Maßstäben des Weltboxens nichts Großes: Brandon Glanton (USA) vs. Marcus Browne (USA), zwei Cruisergewichtler, kein Titelkampf.

Aber: Dieser 1. Oktober, nebenbei Nigerias Unabhängigkeitstag, ist ja nur „a little sneak peek“, eine Art Vorgeschmack auf viel Größeres, wie Ezekiel Adamu sagt. Er ist Chef der Firma Balmoral, und die will wirklich großes Boxen nach Nigeria holen. Weltklasseschwergewichtler, so ist der Plan.

„Wir haben die Bevölkerung, wir haben die Infrastruktur und wir haben das technische Know-how“, sagte Adamu dem Fachblatt The Ring. Er und seine Firma haben in den vergangenen zwölf Monaten bereits sieben Boxabende veranstaltet, und für „Chaos in the Ring“ konnte Adamu nicht nur den Fernsehsender DAZN gewinnen, sondern auch eine weitere Kooperation eingehen. Amir Khan Promotions, die Firma des früheren Weltmeisters Amir Khan aus Großbritannien, ist beteiligt. Über diese Connection plant Adamu sein großes Projekt. Anthony Joshua, der schon zweimal Weltmeister war, soll für den Glamour sorgen. „Wir werden Joshua holen“, sagt Adamu.

Der mittlerweile 35-jährige Engländer steht im Mittelpunkt von Adamus Plänen. Joshua selbst ist zwar in London geboren, aber seine Eltern stammen aus Nigeria, er hat einen Teil seiner Schulzeit in dem Land verbracht, und auf seiner rechten Schulter trägt er ein Tattoo, das die Landkarte Nigerias zeigt. Es wäre Joshuas erster Kampf in Afrika, und sein Promoter Eddie Hearn, hat angedeutet, dass ein solcher Kampf möglich sein könnte.

„Nigerianische Regierung beteiligt“

Doch nicht nur Adamu und seine nigerianische Firma bemühen sich um Joshua. „Ich habe Gerüchte gehört, dass Joshua in Ghana kämpfen soll, und ich habe darüber gelacht, denn für mich ist das keine große Sache“, sagt Adamu. „Joshua ist Nigerianer.“

Doch wenn es nach der englischen Boulevardzeitung The Sun geht, führt Joshuas Management gegenwärtig sehr wohl Gespräche über einen Kampf in Ghana. Zwar ist die Sun alles andere als seriös, aber sie nennt ihre Quelle: Amir Khan. „Er zieht wahrscheinlich Ghana als Option in Betracht, er hat ein Gespräch mit seinem Team geführt, sein Team ist nach Ghana gereist“, berichtet Khan, der selbst gerne dabei wäre, wenn in Nigeria ganz große Boxkämpfe stattfänden.

Ezekiel Adamu, der als Hochzeitsplaner angefangen hat, will durchstarten. Nicht nur mit Amir Khan Promotions ist er vertraglich verbunden, nicht nur DAZN hat er bereits ins Boot geholt. „Wir haben große Marken dabei“, erzählt er. „Bet9ja zum Beispiel ist eine der größten Wettanbieter der Welt.“ Tatsächlich ist die Firma im Wesentlichen nur in Nigeria tätig, aber auch sie hat Pläne. „Auch die nigerianische Regierung ist daran beteiligt“, ergänzt Adamu. „Das ist wirklich der Schlüssel. Wir haben diese Unterstützung.“

Dass er Joshua bekommt, da ist er sich sicher. „Wir haben jetzt eine große Werbeaktion und Nigeria ist der größte Markt“, erzählt er The Ring. „Für Joshua ist es eine Selbstverständlichkeit, in Nigeria zu kämpfen. Ich habe mit ihm gesprochen, ich habe mit seinem Team gesprochen und sie haben mir bereits gesagt: ‚Wenn wir ein Angebot aus Nigeria hätten, wäre das eine perfekte Kombination.‘ Joshua hat immer gesagt, dass er vor dem Ende seiner Karriere in Nigeria kämpfen möchte, und wir werden diesen Kampf in Nigeria möglich machen. Wann kann das geschehen? Nun, wir denken an das erste Quartal nächsten Jahres.“ Als Ort ist das Abuja-Stadion in Lagos avisiert, in dem mindestens 50.000 Zuschauer Platz finden.

Kaum große Namen

Nur boxerisch ist die Planung noch nicht so weit. Gerne hätte Adamu afrikanische Boxer, aber er nennt diese Namen: Tony Yoka (Frankreich), Martin Bakole (Kongo) und Deontay Wilder (USA).

Ein großer Name ist nur Wilder, doch der ist mittlerweile 39 Jahre alt und war einmal WBC-Weltmeister. Tony Yoka, 33, hat bei den Profis noch keinen Titel, aber er ist Olympiasieger. Und Martin Bakole, 32, hat auch keinen Titel, aber immerhin hat er Yoka schon einmal geschlagen.

Und auch ob Anthony Joshua wirklich noch so ein großer Name ist, glauben nicht alle. Im September 2024 verlor er im Londoner Wembley-Stadion gegen Daniel Dubois durch K. o.. Wenn von den aktuell besten Schwergewichtlern der Welt geredet wird, fällt sein Name nicht mehr sofort.

Es gibt noch ein weiteres Problem, das sich den ambitionierten nigerianischen Promotern rund um Ezekiel Adamu und seine Firma Balmoral entgegenstellt: Saudi-Arabien.

Nächster Schritt nach Afrika

Das Königreich hat in den vergangenen Jahren enorme Gelder in die Sportpolitik gesteckt, und namentlich im Profiboxen mit unglaublich klingenden Preisgeldern Kämpfer ins Land gelockt. Auch Anthony Joshua war schon da. Im August 2022 verlor er in Riad gegen den unumstrittenen Schwergewichtsweltmeister Oleksandr Usyk nach Punkten. So will das saudische Regime, dem Sportswashing vorgeworfen wird, dafür sorgen, dass das weltbeste Boxen künftig in Riad stattfindet.

Adamu appelliert nun an Turki Alalshikh, den Berater des saudischen Königs in Sportfragen und Veranstalter der „Riad-Season“-Boxevents in Riad, seine Boxkämpfe auch in Nigeria auszutragen. „Seinen Namen in Afrika zu haben, eine ‚Riad-Season‘-Veranstaltung in Afrika und die Beteiligung der Schwergewichte – das fühlt sich wie der nächste Schritt an. Er hat bereits die Welt erobert, und um seine Autorität zu festigen, braucht er jetzt auch Afrika.“

Das große Projekt Afrika, namentlich Nigeria, zum Zentrum des Weltboxens zu machen, hat also noch ein paar größere Probleme aus dem Weg zu räumen. An Adamus Optimismus wird das Projekt allerdings nicht scheitern. „Wir wollen Boxen in Afrika anders gestalten. Wir wollen Kultur und unser Talent in den Boxsport einfließen lassen, damit wir der Welt eine andere Art von Unterhaltung bieten können.“

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