Weltgrößtes Pilgerfest in Indien: Modi geht symbolträchtig baden
Indiens Premierminister Narendra Modi zeigt sich bei der Kumbh Mela als praktizierender Hindu. Seine Partei fördert Pilgertourismus.
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Gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten von Uttar Pradesh, Yogi Adityanath, ebenfalls BJP, überquerte Modi in einem Boot den Ganges und nahm ein rituelles Bad. Die Bilder lenken vom Unglück Ende Januar ab, bei dem nach offiziellen Angaben 30 Menschen im Gedränge der Kumbh Mela starben.
Der 74-jährige Modi stand nun knietief im Wasser, tauchte seine Hände hinein, schöpfte mehrfach, ließ das Nass wieder in den Fluss fließen und tauchte ab.
Auf X erklärte der Regierungschef später: „Das Eintauchen am Zusammenfluss ist ein Moment göttlicher Verbundenheit, und wie die vielen Millionen anderen, die daran teilgenommen haben, war auch ich von einem Geist der Hingabe erfüllt.“
Regierung erwartet mehr als 400 Millionen Besucher
Seine BJP nutzt die Kumbh nicht nur als religiöses Ereignis, sondern auch zur Förderung des Pilgertourismus. Die Regierung rechnet jetzt mit über 400 Millionen Besuchern.
Teil ihrer Strategie ist die Restaurierung und Neugestaltung wichtiger hinduistischer Pilgerstätten, um auch Arbeitsplätze zu schaffen. Der renovierte Kashi-Vishwanath-Tempel in Modis Wahlkreis Varanasi, (Uttar Pradesh – UP), soll seit Wiedereröffnung 30 Millionen Besucher:innen empfangen haben und diente während des G20-Gipfels als Aushängeschild.
Der vor einem Jahr eingeweihte, umstrittene Ram-Tempel in Ayodhya reiht sich in diese Agenda. Auch für Buddhisten und Muslime gibt es in UP wichtige Stätten: Sarnath oder das weltberühmte Mausoleum Taj Mahal gehören zu den Wahrzeichen des bevölkerungsreichsten Bundesstaates.
Laut der Regierung wurden jetzt mehr als umgerechnet über 1,6 Milliarden Euro für diese „volle Kumbh Mela“ bereitgestellt. Die Festfläche der Kumbh wuchs von 3.200 im Jahr 2013 auf jetzt 4.000 Hektar an. Dazu wurden Brücken, Straßen, Beleuchtung, Unterkünfte und sanitäre Anlagen gebaut.
Politologe: Jede Regierung muss sich beteiligen
Laut dem BJP-nahen Politikwissenschaftler Tej Pratap Singh von der Banaras Hindu University könne keine Regierung das Großereignis ignorieren. Menschen pilgern zur Kumbh Mela, unabhängig davon, wer an der Macht ist, sagt Singh der taz. „Jede Regierung muss sich aufgrund der Bedeutung dieses Fests für Millionen Hindus an der Organisation beteiligen.“
Er betont: Das kürzliche tödliche Unglück sei „bedauerlich, aber wenn die Veranstaltung ohne weitere Zwischenfälle verläuft, wird dies das Image von Yogi Adityanath stärken“. Singh sieht den 52-jährigen Hindu-Hardliner als Modis potenziellen Nachfolger.
Für viele bleibt die Kumbh eine besondere Erfahrung: „Ich habe noch nie etwas Vergleichbares erlebt“, sagte die Produktionsleiterin Shraddha Shelar (30) aus Mumbai der taz. „Ich bin Ende Januar nach Prayagraj gereist, habe mein heiliges Bad genommen und spürte eine tiefe Verbindung zu Lord Shiva.“
„Religion und Politik sind in Indien eng miteinander verwoben“, erklärt Professor Singh. Säkularismus werde in Indien anders verstanden als im Westen – hier zähle das Miteinander der Religionen. Auch bezuschusse die Regierung Hadsch-Reisen nach Mekka.
Opposition: Indien hat drängendere Probleme
Doch kritisiert die Opposition die politischen Prioritäten. Der Chef der oppositionellen Kongresspartei, Mallikarjun Kharge, fragte, ob rituelle Tauchgänge Indiens drängende Probleme lösten. Damit sorgte er für Aufregung.
Das 45-tägige spirituelle Großereignis dauert noch bis Monatsende und findet dann erst 2037 wieder statt. Während bei den jetzigen Wahlen in Delhi ein Dreikampf zwischen Modis BJP, der Kongresspartei und der dort regierenden Aam Aadmi Partei tobt, betont Modi seine hinduistische Identität. Das können politische Parteien im mehrheitlich hinduistischen Indien nicht ausklammern.
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