■ Welt Weit Grönling: Binäre Viren: Entwarnung
„Aber der Absender ist IBM. Können die sich solch einen Quark leisten?“ „Nein, das kommt nicht von IBM. Es ist ein beliebter Trick, einen seriösen Absender anzugeben, damit die Leute das glauben. Einfach löschen und vergessen.“ Wenn ich geahnt hätte, daß die Virenkolumne vom letzten Donnerstag ein derartiges Echo auslösen würde, dann hätte ich das Thema schon sehr viel früher mal aufgegriffen. Nun sitze ich hier, mit heißer Zitrone und dickem Schal zur Virenprophylaxe, und beantworte einen Stapel LeserbriefInnen. Bemerkenswert viele Frauen haben geschrieben. Heißt das, daß Frauen mißtrauischer gegenüber dem Netz sind? Oder haben Sie, liebe Frau L. aus W., den faulen Zauber längst durchschaut und warten nur darauf, daß nun wirklich mal was passiert?
Und Frau A. aus B. hat mir diese interessante Mail geforwardet (welch ein Wort!), von Jenny aus USA. Die hat wohl so viele Warnungen vor dem „Good Times“-Virus bekommen, bis sie irgendwann die Nase voll hatte und ihre eigene Version übers Netz verteilte. Auf den ersten Blick sieht das aus wie das allseits bekannte Original, man muß es wirklich zu Ende lesen, um dahinterzukommen. Mit jedem Absatz wird es ein wenig schlimmer: Good Times wird dein ganzes Bier austrinken und ausgerechnet dann die alten Socken auf dem Kaffeetisch liegenlassen, wenn Besuch kommt. Good Times sorgt dafür, daß du dich in einen Pinguin verliebst, und kippt dir Zucker in den Tank. Good Times wird dir beide Augenbrauen im Schlaf abrasieren und deine neue Telefonnummer deiner Ex verraten. Und das Allerschlimmste: Good Times läßt den Toilettensitz oben!
Also noch mal laut und deutlich: Wer eine Mail mit der Warnung bekommt, daß ein ungeheuer gefährlicher Virus im Umlauf sei, der per E-Mail verbreitet wird und schon beim Öffnen der Mail die Platte löscht, kann sie getrost ignorieren – selbst wenn der Urheber seriös klingt. Schließlich ist es eine Kleinigkeit, in der Konfiguration des Mailprogramms einfach IBM oder AOL als Absender anzugeben. Das Problem mit den Computerviren soll damit keineswegs verharmlost werden, aber hier geht es um „Hoaxes“, um schlechte Scherze. Wer so eine Mail erhält und unsicher ist, kann im Web nachschauen. Unter http://ciac .llnl.gov/ciac/CIACHoaxes.html hat die Computerabteilung des amerikanischen Energieministeriums alle bekannten Scherzviren zusammengetragen und dokumentiert. Dabei wird eines ganz deutlich: Die richtig guten Ideen haben die Frauen. Dieter Grönling
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