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Weiterer Ehec-TodesfallWarnung vor norddeutschem Salat

Eine 41-jährige aus dem Landkreis Cuxhaven soll an Ehec gestorben sein. Dessen Quelle bleibt unbekannt. Doch das Robert-Koch-Institut empfiehlt: Finger weg von Nord-Gemüse.

Salat steht gerade unter Verdacht: hier zum Beispiel Rucola. Bild: dapd

BERLIN taz | In Niedersachsen ist offenbar ein weiterer Mensch an dem Darmkeim Ehec gestorben. Am Mittwochmorgen sei eine 41 Jahre alte Frau aus dem Landkreis Cuxhaven ums Leben gekommen, teilte das Gesundheitsministerium in Hannover mit. Sie sei seit dem 21. Mai wegen des sogenannten hämolytisch-urämischen Syndroms (HUS) stationär behandelt worden. HUS wird von dem Ehec-Erreger ausgelöst. Bisher sei aber noch nicht im Labor nachgewiesen worden, dass die Frau infiziert war. Am Dienstag hatten die Behörden drei Tote im Zusammenhang mit Ehec gemeldet.

Die Zahl der HUS-Fälle stieg auf rund 140. Diese Patienten litten an blutigem Durchfall und Nierenversagen, berichtete das Robert-Koch-Institut (RKI), das für die Bundesregierung Krankheitsausbrüche überwacht. Am Dienstag hatte das Institut nur 80 Fälle registriert. Die aktuelle Welle von Ehec-Infektionen begann in der zweiten Maiwoche.

Über die Quelle des Keims kann weiter nur spekuliert werden. "Aus unserer Sicht gibt es Indizien, dass es Fertigsalat sein könnte", sagte Rudi Schmidt, Sprecher der Asklepios Kliniken, der taz. Er berief sich auf Gespräche mit Ehec-Patienten, von denen das Unternehmen mehr als 100 behandele. "Das ist aber bisher nur eine Vermutung."

Das für die Aufklärung zuständige RKI erklärte, dass es bisher keine Hinweise auf rohes Fleisch oder Rohmilch gebe, über die der Keim bei früheren Ehec-Ausbrüchen übertragen wurde.

Fragebögen in Hamburg

Das RKI hatte insbesondere in Hamburg Fragebögen ausgeteilt, um die Infektionsquelle zu finden. Darin sollten die Erkrankten angeben, was sie gegessen und getrunken haben. Die dann am Mittwochabend publik gemachte, unter Hochdruck erstellte Auswertung der Fragebögen zeigte: Patienten haben häufiger rohe Tomaten, Salatgurken und Blattsalate gegessen. Ob nur eine oder mehrere dieser eigentlich gesunden Leckereien mit EHEC in Verbindung stehen, sei unklar. Auch andere Lebensmittel könnten in Frage kommen.

Doch das RKI warnt jetzt, dass man vorsorglich auf rohe Tomaten, Salatgurken und Blattsalate aus Norddeutschland komplett verzichten solle. Dieser Rat trifft Millionen Menschen, Bauern und Händler.

Der Warnung vor den drei Gemüsesorten aus Norddeutschland schließe Niedersachsen sich uneingeschränkt an, erklärte unterdessen ein Sprecher des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums, Gert Hahne. "Diese drei Produkte sollten nicht mehr ungekocht verzehrt werden." Mögliche Konsequenzen für die Landwirtschaft seien nachrangig. Niedersachsen ist das Agrarland Nummer eins in Deutschland.

Verzehrwarnung auch für Schwangere

Schon zuvor hatte die Ärzteorganisation Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe eine Verzehrswarnung speziell für diesen Ehec-Ausbruch ausgegeben: Schwangere sollten "auf frisches, nicht abgekochtes Obst und Gemüse vorübergehend verzichten". Selbst wenn die Schale nicht gegessen wird, bestehe die Gefahr, dass wegen mangelnder Hygienemaßnahmen die Keime auf das Fruchtfleisch geraten.

Die Empfehlung gelte so lange, bis die möglichen Übertragungswege unterbrochen sind. Schließlich könnten Ehec-Infektionen "in der Schwangerschaft das Risiko für eine Fehl- oder Frühgeburt erhöhen".

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14 Kommentare

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  • B
    B.Demele

    Na dann essen wir jetzt eben nur noch Tütensuppen.

     

    p.s. wann kommt endlich der Impfstoff, damit Deutschland sich wieder eindecken kann? ;-)

  • B
    Besorgt

    Gibt es eigentlich schon Untersuchungsergebnisse darüber, wie stark das heimische Gemüse nach Fukushima radioaktiv verseucht ist?

  • S
    Sontag

    Ich wusste noch gar nicht, dass in Norddeutschland jetzt schon Gurken und Tomaten reifen. Bei mir im Garten blühen sie noch nicht mal.

    Oder sollte es sich womöglich um importiertes Gemüse handeln, das in Norddeutschland in den Handel kam?

    Bitte vor dem Schreiben erst mal nachdenken, notfalls recherchieren und nicht alle Agenturmeldungen unkritisch verwursten.

  • W
    Waldemar

    Die RKI-Warnung vor dem Gemüse ist von der Zuverlässigkeit her so einzustufen wie Tepco-Informationen zu AKW-Schäden.

     

    In früherer Zeit gab es eine klassische Behördenintrige gegen die Rohmilch, die nur in ökologischer Qualität überhaupt produziert wurde. Später stellte sich 'raus, sie war's nicht. Der Imageschaden aber blieb.

     

    Diesmal ist es eine Spekulation gegen das Gemüse, obwohl die gute fachliche Praxis in der norddeutschen Landwirtschaft keine Kopfdüngung bei Blatt- und Fruchtgemüse kennt. Und es wurden auch nach wie vor keine EHEC-Bakterien im Gemüse nachgewiesen !

     

    Nicht zum ersten Mal wird das RKI von fremden Wirtschaftsinteressen instrumentalisiert - so scheint es. Es muss schnell herausgefunden werden, von wem, damit die qualifizierte Suche nach den wirklichen Ursachen beginnen kann.

  • RL
    Ralph Lewinski

    Wen wundert's wenn Jahrzehntelang Gülle aus chemisch kontollierter Massentierhaltung zum düngen von pflanzlichen Produkten, nicht zuletzt für Vegetarier und auch Rohköstler, eingesetzt wird...

  • K
    Karola

    Wurde bei der Befragung was gegessen wurde differenziert ob die Produkte aus konventionellen oder ökologischen Landbau stammen?

  • A
    autist

    Ananas aus Alaska sind genauso gefährlich wie Freilandtomaten und Gurken aus Norddeutschland (die berühmten Maitomaten und Maigurken), vor allem wenn sie ungewaschen und ungeschält roh verzehrt werden.

     

    Unbedenklich sind Ananas aus dem südlichen Südalaska.

  • J
    JürgenLamprecht

    SOJASAUCE, könnte die Quelle für die EHEC-Erkrankung die Sojasauce sein? Nur eine Vermutung, aber immerhin plausibel: gesundheitsbewusste Ernãhrung, fleischlose Kost, Salate, Rohkost, Wok - da liegt doch der Gedanke an Sojasauce nahe. Beim Japaner wird sauberer gearbeitet als in jedem anderen Restaurant; aber wenn eine verunreinigte oder kontaminierte Charge Sojasauce auf dem Tisch stünde? Ich für meinen Teil werde bis zur Klärung der EHEC-Ursache auf Sojasauce verzichten. Und mich weiter bewusst ernähren. >>>RKI?

  • P
    Pieter

    Die Infektionswege sind doch schon lange klar. In den Die Keime entwickeln sich im Verdauungstrakt der Rinder, die

    Die Gülle wird auf Getreide-, Mais- und Rapsäcker ausgebracht.

    Die Keime sind im Boden. Im nächsten Jahr wird dort z.B. Gemüse angebaut und dieses

    Eine Übertragung der Keime auf das Gemüse [url=""http://www.schrotundkorn.de/bio-fragen/duenger.html"" target="_blank">durch eine Verwehung von Nachbarfeldern

    ist ebenso möglich.

    siehe auch [url=""http://commulog.wordpress.com/2011/05/24/ursache-fur-ehec-wird-verschwiegen/"" target="_blank">hier.

    Jetzt wird darum ein Geheimnis gemacht, weil die Praktiken der industriellen Agrar- und Nahrungsmittelindustrie bedroht sind. Deswegen versucht auch das sogenannte Verbraucherschutzministerium den Deckel auf der Sache zu halten. Denn die Fakten sind seit mindestens 15 Jahren bekannt. In den USA ist es genauso. Im Interesse der Profite werden Menschenleben als "Kollateralschäden" betrachtet.

    Lang lebe der Kapitalismus. Am Ende eine abstrakte Idee ohne Menschen.

  • JL
    Jürgen Lamprecht

    Zweiter Versuch - dann gehe ich schlafen... Meiner Meinung nach sollten wir uns Gedanken über die Sojasauce machen. Sie kommt evtl. als Quelle der EHEC-Erkrankung in Betracht: Gesundheitsbewusste Ernährung, fleischlose Nahrung, Salate, Wok - passt doch ganz gut zu Sojasauce. Ich wil nichts und niemanden verteufeln. Aber wenn es nun irgendwie kontaminierte Chargen von Sojasauce im Handel, im japanischen Restaurant oder in der privaten Küche, in der Kantine gäbe? Ich für meinen Teil werde bis zur Klärung auf den Genuss von Sojasauce verzichten. >>>RKI?

  • Z
    Zoppo_Trump

    Wie heißt's so schön in den Tropen: "Cook it, peel it or forget it"

  • PE
    Philipp Ef

    Vorletzes Jahr war es die Vogelgrippe, letztes Jahr die Schweinegrippe, und jetzt Ehec. Jedes Jahr taucht eine mysteriöse Krankheit auf. Unvorhergesehen, unbekannt, unerforscht. Nach ettlichen Grippeerkrankungen ist es diesmal eine Durchfallerkrankung.

     

    Sicherlich kann diese Krankheit unter Umständen tötlich enden. Das ist bei den meisten Krankheiten aber der Fall, darüber wird aber nicht so intensiv berichtet.

     

    Mögen die Medien doch lieber über Krankheiten informieren und aufklären, die weltweit eine größere Rolle spielen, als eine regionale Durchfallerkrankung. Siehe HIV/AIDS. Wann hat man das letzte mal auf einer überregionalen Tageszeitung einen Artikel auf der Titelseite gesehen, der in aller Ausführlichkeit über diese Krankheit aufklärt?

     

    Anstatt vor Gemüse zu warnen, was ja gesund ist, sollte man lieber die Risiken von Sex, der auch gut tut, aufklären.

  • PE
    Philipp Ef

    Vorletzes Jahr war es die Vogelgrippe, letztes Jahr die Schweinegrippe, und jetzt Ehec. Jedes Jahr taucht eine mysteriöse Krankheit auf. Unvorhergesehen, unbekannt, unerforscht. Nach ettlichen Grippeerkrankungen ist es diesmal eine Durchfallerkrankung.

     

    Sicherlich kann diese Krankheit unter Umständen tötlich enden. Das ist bei den meisten Krankheiten aber der Fall, darüber wird aber nicht so intensiv berichtet.

     

    Mögen die Medien doch lieber über Krankheiten informieren und aufklären, die weltweit eine größere Rolle spielen, als eine regionale Durchfallerkrankung. Siehe HIV/AIDS. Wann hat man das letzte mal auf einer überregionalen Tageszeitung einen Artikel auf der Titelseite gesehen, der in aller Ausführlichkeit über diese Krankheit aufklärt?

     

    Anstatt vor Gemüse zu warnen, was ja gesund ist, sollte man lieber die Risiken von Sex, der auch gut tut, aufklären.

  • G
    gähn

    Na, das Gemüse aus en norddeutschen Riesenfarmen ist eventuell bei der Massenabfertigung nicht ordentlich behandelt worden. Wen wundert's. Die EU möchte ja gerne, dass wir nur noch von solchen Landwirten versorgt werden, kleine Wirtschafter mit etwas mehr Arbeitsethos sind ihr ein Dorn im Auge. Na dann guten Appetit.