Weil die Grünen nur Zweite wurden: Jarasch macht Rot-Grün-Rot möglich
Was wäre gewesen, wenn nicht SPD-Kandidatin Franziska Giffey, sondern die Grüne Bettina Jarasch die Berliner Wahl gewonnen hätte?
R ichtiger Jubel brach bei der Wahlparty der SPD am Sonntag nicht aus, als um 18 Uhr die ersten Prognosen über die Bildschirme liefern. Denn zumindest bei einem öffentlich-rechtlichen Sender lag nicht Franziska Giffey in Führung, sondern die grüne Frontfrau Bettina Jarasch. Während die SPD-Kandidatin danach noch lange von einem engen Rennen sprach, jubelte Jarasch auf der Grünen-Party. Aber wäre ein Wahlsieg der Grünen tatsächlich ein Grund zur Freude gewesen?
Seltsam ist diese Frage nur auf den ersten Blick. „SPD pur“ lautete die Formel, mit der Giffey in den Wahlkampf gegangen war. Sollte heißen: möglichst viele Inhalte der SPD umzusetzen, egal in welcher Konstellation.
Dafür ist es aus ihrer Sicht unumgänglich, die Regierende Bürgermeisterin zu stellen. Im Falle eines grünen Wahlsiegs wäre das für Giffey nur mit einer Deutschland-Koalition möglich gewesen. Um mitregieren zu dürfen, hätten CDU und FDP der SPD nur in ein paar wesentlichen Punkten entgegenkommen müssen – und schon hätte Giffey sagen können, sie habe sich, wenn auch als Zweitplatzierte, durchgesetzt. SPD pur eben.
Jarasch hätte Jamaika machen müssen
Anders als bei Armin Laschet im Bund hätte Giffey auch niemand das Recht abgesprochen, auf dieser Basis den Posten der Regierungschefin anzustreben – in ihrer eigenen Partei war sie als Kandidatin unangefochten. Um „Deutschland“ zu verhindern, hätte also Bettina Jarasch selbst ein Bündnis schmieden müssen, Jamaika zum Beispiel. Ob das an der Basis durchgegangen wäre?
Es kam bekanntlich anders. Nach einer langen Wahlnacht überholte die SPD mit 21,4 Prozent der Zweistimmen die Grünen, die bei 18,9 Prozent landeten. Eine Deutschland-Koalition ist damit noch nicht ausgeschlossen. Aber die Chancen für Rot-Rot-Grün sind gestiegen.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Thüringen
Das hat Erpresserpotenzial
Friedenspreis für Anne Applebaum
Für den Frieden, aber nicht bedingungslos
BSW in Sachsen und Thüringen
Wagenknecht grätscht Landesverbänden rein
Rückkehr zur Atomkraft
Italien will erstes AKW seit 40 Jahren bauen
Klimaschädliche Dienstwagen
Andersrum umverteilen
Tech-Investor Peter Thiel
Der Auszug der Milliardäre aus der Verantwortung