Wehklagen der deutschen Autoindustrie: Ein Geschäftsmodell läuft aus
Hinter dem ständigen Gejammer der Autohersteller steckt Kalkül: Sie erhoffen sich weitere staatliche Subventionen und Druck auf die Gewerkschaften.

K aum gehen die Gewinne zurück, stimmen die Vorstände der deutschen Autounternehmen ihre Klagelieder an. „Das ist kein Unwetter, das vorüberzieht“, sagte Porsche-Chef Oliver Blume am Mittwoch bei der Vorstellung der aktuellen Quartalszahlen.
Auf den ersten Blick scheint es, als habe Blume guten Grund zum Jammern: Der Gewinn des Sportwagenherstellers ist im ersten Halbjahr um 71 Prozent eingebrochen. Auch andere deutsche Autobauer haben mit Umsatzrückgängen zu kämpfen: Mercedes-Benz meldet einen Gewinnrückgang von 69 Prozent, Volkswagen ein Minus von 40 Prozent. Beim bayerischen Autobauer BMW sind es immerhin nur 29 Prozent.
Das Geschäftsmodell, übermotorisierte Luxus-Verbrenner an den Rest der Welt zu verkaufen, läuft langsam aus. Das war erwartbar, nun muss die Branche in die lange verschlafene Transformation in Richtung Zukunftstechnologien wie Elektroautos und autonomes Fahren investieren. Das kostet und drückt die Profite. Ärgerlich für die Aktionäre, deren Dividende schwindet, aber nicht gefährlich für die wirtschaftliche Gesundheit des Unternehmens – immerhin schreiben alle deutschen Autobauer schwarze Zahlen.

Die taz ist eine unabhängige, linke und meinungsstarke Tageszeitung. In unseren Kommentaren, Essays und Debattentexten streiten wir seit der Gründung der taz im Jahr 1979. Oft können und wollen wir uns nicht auf eine Meinung einigen. Deshalb finden sich hier teils komplett gegenläufige Positionen – allesamt Teil des sehr breiten, linken Meinungsspektrums.
Trotzdem forcieren die Vorstände die Erzählung von der „Krise der deutschen Automobilindustrie“ bei jeder Gelegenheit. Die Jammerei zielt vor allem auf Politik und Gewerkschaften. Anstatt kluge Managemententscheidungen zu treffen, erhoffen sich die Autobauer weitere Subventionen, wie etwa die Ausweitung des Dienstwagenprivilegs oder die Aufweichung der CO2-Flottengrenzwerte auf EU-Ebene.
Auch die Gewerkschaften sollen den massiven Stellenabbau ohne weitere Gegenwehr schlucken. So will Porsche bis 2029 1.900 Stellen streichen, bei VW sind es sogar 20.000. Dass vielen deutschen Autobauern nichts besseres einfällt, als massiv Stellen zu streichen, um ihre Unternehmen zukunftstauglich zu machen, zeigt: Die Ursache für die Krise liegt nicht in China oder bei Trumps Zöllen, sondern in den Vorstandsetagen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Einwanderung und Extremismus
Offenheit, aber nicht für Intolerante
Straße wird umbenannt
Berlin streicht endlich das M-Wort
Anschlag auf Pipelines 2022
Tatverdächtiger für Angriff auf Nordstream verhaftet
Koloniale Spuren in Berlin
Umbenennung der „Mohrenstraße“ darf nun doch stattfinden
Erneute Angriffe auf Druschba-Pipeline
Volles Rohr, leeres Rohr!
Grünen-Chef Felix Banaszak
„Ich nenne es radikale Ehrlichkeit“