Wegen Zinsmanipulationen: EU straft Deutsche Bank ab
Notorische Sünder: Die EU-Kommission brummt acht Geldhäusern Rekordbußen auf. Sie hatten Zinsabsprachen manipuliert.
BERLIN taz | Schuld sind natürlich die anderen: Mit demütigen Floskeln und versteckten Anschuldigungen reagierten die Chefs: Der „Vergleich“ mit der EU sei „ein wichtiger Schritt in unseren Bemühungen, Altlasten zu bereinigen“, erklärten Anshu Jain und Jürgen Fitschen. Leider wären „einzelne Mitarbeiter“ des Konzerns „gegen Werte und Überzeugungen“ der Deutschen Bank vorgegangen. Kein Wort davon, dass das größte Geldhaus des Landes am Mittwoch von der Brüsseler Behörde die höchste Strafe seiner Geschichte aufgebrummt bekommen hatte – für Verfehlungen aus der Zeit, als Jain und Fitschen bereits hohe Deutschbanker waren.
EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia hatte am Mittwoch gegen sechs Großbanken Rekordbußen von insgesamt 1,71 Milliarden Euro verhängt. Der deutsche Branchenprimus muss bei dem Vergleich 725 Millionen Euro zahlen. Almunia nannte die Manipulationen an den Referenzzinssätzen „schockierend“. Die Untersuchungen anderer Vorwürfe, etwa zu Absprachen am Devisenmarkt, liefen weiter. „Das ist noch nicht das Ende der Geschichte.“
Die Deutsche Bank war – wie auch die britische RBS – Teil von zwei Händlerringen, die sich zum Vorteil ihrer Institute bei der Ermittlung von Referenzsätzen abgesprochen haben sollen. Die Absprachen wirkten sich auf Finanzprodukte aus, die an die Zinssätze gekoppelt sind. Die Schweizer UBS hatte über die Manipulationen beim Euribor oder beim Yen-Libor ausgepackt – und sich damit nach Angaben der Kommission eine Strafe von 2,5 Milliarden Euro erspart.
Die Deutsche Bank hat zuletzt für Prozesse und juristische Streitfälle 4,1 Milliarden Euro zurückgelegt. Das hatte den Gewinn im dritten Quartal pulverisiert.
Hoher Marktanteil der Deutschen Bank
Die Rekordstrafe ist Ergebnis des hohen Marktanteils, den die Bank bei den betroffenen Zinsgeschäften habe. Im Euribor-Fall zahlt die Deutsche Bank mit 466 Millionen Euro den höchsten Betrag, beim Yen-Libor-Fall rangiert sie mit 259 Millionen knapp hinter der RBS. Referenzzinssätze wie der Libor werden einmal am Tag in London ermittelt.
Sie beruhen auf Angaben der Banken zu ihren Refinanzierungskosten – und sind Basis für Finanzgeschäfte im Volumen von mehr als 500 Billionen Dollar. Als Konsequenz aus den Skandalen soll die Ermittlung der Zinssätze nach dem Willen der EU-Kommission künftig stärker kontrolliert werden.
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