Wegen Streit mit der EU: Lachs aus Norwegen nicht mehr bio
Die gesamte Ware des Landes verliert das Siegel der EU, auch der beliebte Edelfisch. Importeure kaufen in Irland, die Preise ziehen an.
Das Nicht-EU-Mitglied Norwegen ist einer der wichtigsten Lieferanten von Biolachs für den deutschen Markt. Schätzungen zufolge werden dort jährlich etwa 16.000 Tonnen im Wert von 100 Millionen Euro erzeugt, was einem Prozent der norwegischen Lachsproduktion insgesamt entspricht. Das meiste geht nach Deutschland.
Dass im Moment die EU als Absatzmarkt für Biolachs aus Norwegen gesperrt ist, hat nichts mit dem Fisch selbst zu tun. Er ist offensichtlich genauso öko wie der aus der EU. „In Fachkreisen besteht kein Zweifel an der verordnungskonformen Produktion in Norwegen“, erklärt die Geschäftsstelle der deutschen Länderarbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau.
Es geht vielmehr um die norwegischen Regeln für die Ökohaltung von Schafen. Diese weichen von denen der EU ab. Norwegen will weiter Stallböden mit Spalten zulassen, durch die die Exkremente fallen können. Brüssel schreibt aus Tierschutzgründen hingegen vor, dass höchstens die Hälfte des Bodens Spalten haben darf. Deswegen ist Norwegen nicht bereit, die neuen EU-Verordnungen zu akzeptieren. Deshalb betrifft die Aberkennung des EU-Ökosiegels alle norwegischen Bioprodukte – auch den Lachs, wie eine Sprecherin der EU-Kommission bestätigte.
„Alles nur, weil der Öko-Amtsschimmel laut wiehert“
„Norwegen ist der größte Lieferant von Biolachs, und deshalb kann die Lücke momentan nicht geschlossen werden“, sagt Martina Buck, Sprecherin des Fischverarbeiters Deutsche See. Andere Anbieter weichen zum Beispiel auf Lieferanten aus Irland aus. „Der Preis für irischen Biolachs ist von einem Tag auf den anderen um 1 Euro gestiegen“, sagt ein Brancheninsider. Die Gefahr sei, dass die Leute wegen höherer Preise und geringerer Verfügbarkeit nun mehr konventionelle Ware kauften. „Und das alles nur, weil der Öko-Amtsschimmel laut wiehert.“
Keine Lieferengpässe hat der Friedrichshafener Importeur followfood, dessen Fischmarke „followfish“ im Biofachhandel mit schätzungsweise 40 Prozent Marktanteil die größte ist. Im konventionellen Lebensmitteleinzelhandel gehört sie zu den fünf wichtigsten. Bisher reichten die Lagerbestände, um den Markt zu versorgen, auch weil followfish nur Tiefkühlware verkaufte. Das mittelständische Unternehmen bezieht bislang seinen Biolachs ausschließlich aus Norwegen. „Aber natürlich prüfen wir im Hintergrund schon Alternativen. Falls Norwegen rausfallen sollte, könnten wir das auf jeden Fall durch andere Lieferanten etwa in Schottland oder Irland ersetzen“, sagte Firmensprecherin Ingeborg Trampe der taz.
EU-Agrarkommissar Phil Hogan will den zuständigen norwegischen Minister am 27. September treffen. Dabei werden sie wohl versuchen, eine Lösung zu finden. Hogan kommt übrigens aus Irland.
Das EU-Ökologo gibt es nur für Lachs aus Aquakulturen, nicht für Fisch aus dem Wildfang. Die Europäische Union verlangt für Aquakulturen zum Beispiel mehr Platz pro Fischals in konventionellen Anlagen üblich. Der Medikamenteneinsatz ist beschränkt, pflanzliche Futtermittel müssen aus der Ökolandwirtschaft stammen, Fischmehl und -öl im Futter aus der Verarbeitung von Speisefischen. Das soll Fischerei eigens zu Futterzwecken verhindern.
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