Wasserqualität in Europa: Gut zum Baden, schlecht zum Leben
Die Gewässer Europas sind ungefährlich für Schwimmer, ökologisch aber katastrophal. Zum diesem Schluss kommt eine EU-Umweltbehörde.
Von den 22.000 Badeseen, Flüssen und Stränden in ganz Europa, die 2017 untersucht wurden, erfüllen 96 Prozent die EU-Mindeststandards. 85 Prozent haben sogar „ausgezeichnete“ Qualität, sind also weitgehend frei von Enterokokken oder Kolibakterien, die aus der Landwirtschaft stammen und bei Menschen Darmbeschwerden verursachen können, wenn sie geschluckt werden. In vielen EU-Staaten haben sich milliardenschwere Investitionen in Kläranlagen und weniger Einleitungen nach der EU-Wasserrahmenrichtlinie und den Vorschriften für den Meeresschutz gelohnt. In Deutschland zeigen laut EEA 91 Prozent aller Badestellen sehr gute Werte.
Diese Verbesserung sollte aber „nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit dem guten Zustand der Ökosysteme und des Umweltzustands gesehen werden“, warnen EU-Umweltkommissar Karmenu Vella und EEA-Chef Hans Bruynckx. Denn ökologisch und chemisch betrachtet, ist die Wasserqualität bei Weitem nicht so gut. Hier bekommen nur 40 Prozent der EU-Gewässer eine gute oder sehr gute Note. Die größten Probleme sind Verschmutzung, Bauprojekte wie Staudämme und zu viel Wasserentnahme.
In Deutschland sieht es besonders schlimm aus. Laut EEA-Daten sind nur etwa 8 Prozent aller Gewässer in gutem ökologischen Zustand. Und bei der chemischen Belastung hat Deutschland ganz schlechte Karten: Während in der EU 38 Prozent aller Oberflächengewässer eine gute Wasserqualität aufweisen, sind die in Deutschland getesteten Flüsse, Seen und Küsten allesamt nicht zu empfehlen. Das liegt vor allem am Gehalt von Quecksilber, das aus Altbeständen wie zerbrochenen Thermometern und der Verbrennung von Kohle stammt. Auch die Belastung mit Nitrat im Grundwasser ist in Deutschland ein großes Problem, 36 Prozent aller Proben zeigen zu hohe Werte.
Christoph Heinrich, WWF
Deutschland verfehle die Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie klar, sagte Christoph Heinrich vom Umweltverband WWF: „Man hat zu lange weggesehen, wenn Industrie und Landwirtschaft auf Kosten unseres Wassers gewirtschaftet haben.“
Allgemein findet die EU-Untersuchung deutlich bessere Wasserqualität beim Grundwasser als an den Oberflächen. Besonders belastet sind Staaten mit hoher Bevölkerungsdichte und Landwirtschaft wie Deutschland und die Benelux-Länder. Die besten Ökobilanzen hat das Oberflächenwasser im Norden Skandinaviens, in Schottland, Rumänien und der Slowakei. (mit dpa)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen