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Wasserkrise im Kanusport-Verein

„Lux“ heißt eine Freiluft-Kinoreihe in Bremen. Sie zeigt Filme über das Mensch-Natur-Verhältnis an Orten, die zu ihrem Inhalt passen

Manchmal kehren verschwundene Flüsse wieder zurück. Die Sélune zum Beispiel ergießt sich seit dem Rückbau der Staudämme ungehindert ins Watt. Der Film von Manuel Deubenberger und und Felix Meschede thematisiert ihn Foto: Felix Meschede

Von Wilfried Hippen

Ein Dokumentarfilm über verschwundene Flüsse wird an der Lesum, einem Nebenfluss der Weser gezeigt. Ein Porträt der Fotokünstlerin Claudia Andujar wird bei einem Kunstcafé und neben einem Skulpturengarten zu sehen sein. Und für einen Film, in dem die gemalten Landschaften Vincent van Goghs eine Hauptrolle spielen, wird die LED-Videoleinwand in einem denkmalgeschützten Landschaftspark aufgebaut.

Für ihre Open-Air-Kinoreihe „Lux Freilicht“ koppelt die Arbeitnehmerkammer Bremen Filme inhaltlich mit den Vorführorten. Seit drei Jahren hat sich dieses Prinzip bei sommerlichen Freiluftkinoveranstaltungen in den kulturell benachteiligten Stadtteilen von Bremen-Nord bewährt.

Im Stil des altbewährten Wanderkinos, das die Filme zum Publikum bringt, werden auf freien Flächen Filme gezeigt – so auf der Naturwiese der Kanusportabteilung Tura, im Garten der Kunst und Kulturstiftung Kränholm und im Wätjen Park.

Zwischen 80 und 240 Gäste kommen bei freiem Eintritt zu diesen Veranstaltungen. In diesem Jahr kommt der Lucie-Flechtmann-Platz in der Bremer Neustadt dazu, ein ehemaliger, inzwischen entsiegelter Parkplatz. Eine Location zu der im Grunde die ganze Reihe passt, denn ihr Thema lautet: „Natürlich Mensch – der Mensch in der Natur“.

Gezeigt werden Dokumentar- und Spielfilme mit ökologischen Themen. Die meisten von ihnen laufen sonst entweder im Fernsehen oder in Kommunalkinos: So wird die Reihe dann auch vom Kommunalkino City 46 kuratiert und mit der mobilen Vorführtechnik versorgt.

Die Dokumentation „Wohin die Flüsse verschwinden – Leben in der Wasserkrise“, die am 31.7. bei der Tura Kanusport am Lesumhafen auf dem Programm steht, wurde zudem auch noch von Radio Bremen produziert. Der 90-Minüter zeigt am Beispiel von sechs Flüssen auf vier Kontinenten, wie die Ressource Wasser immer knapper wird und große Flüsse wie der Colorado oder der spanische Ebro austrocknen. Ursache ist die Übernutzung des Wassers durch Industrie und Landwirtschaft.

Die Autoren Manuel Daubenberger und Felix Meschede werden selber nach der Vorstellung auch über Lösungsansätze sprechen. So hat Frankreich begonnen und Staudämme wieder abgerissen: Seit drei Jahren gehört die Sélune zwischen Bretagne und Normandie wieder Alsen, Aalen und Lachsen. Und in Indien gelingt es, so genannten „Wassermännern“ mit einer jahrtausendealten Technik Flüsse in der Wüste wieder zum Fließen zu bringen.

Das Künstlerinnenporträt „Die Visionen der Claudia Andujar“, das die Schweizer Filmemacherin Heidi Specogna vergangenes Jahr vollendet hat, läuft am 7. August im Haus Kränholm, im Stadtteil St. Magnus. Darin stellt Specogna eine Fotografin und Aktivistin vor, die seit den 1950er-Jahren mit ihren Bildern und medialen Kampagnen in Brasilien für die Yanomani kämpft.

Diese im Amazonas beheimatete Ethnie war lange vom Aussterben bedroht. Inzwischen wurden ihr, auch dank der Aktionen von Claudia Andujar, Gebietsrechte an Regenwäldern zugesichert.

Ein kleiner Hit in den europäischen Programmkinos war vor einigen Jahren der isländische Spielfilm „Gegen den Strom – Woman at War“ von Benedikt Erlingson. Die Geschichte von der isländischen Chorleiterin Halla, die sich mit der Aluminiumindustrie anlegt, um das isländische Hochland zu schützen, passt so gut zum Motto der Filmreihe, dass der Film am 27.8. in der Constructors University in Bremen Grohn und am 31.8. auf dem Lucie-Flechtman-Platz gleich zweimal aufgeführt wird.

In der Neustadt läuft er in einem Doppelprogramm mit dem finnischen Dokumentarfilm „Once Upon a Time in a Forest“, der von einer ähnlich leidenschaftlichen Umweltschützerin erzählt. Die Kamera der Filmemacherin Virpi Suutari begleitet die 22-jährige Ida, die sich gegen die flächendeckende Abholzung von finnischen Wäldern durch die Papierindustrie zur Wehr setzt.

Die Sequenzen von der blonden jungen Frau, der die Vögel des Waldes in die Hand fliegen, wirken mit ihrem kitschigen Pathos unfreiwillig komisch

Die Protagonistin wird zum Beginn des Films wie ein Waldwesen aus einem Märchen inszeniert und die Sequenzen von der blonden jungen Frau, der die Vögel des Waldes in die Hand fliegen, wirken mit ihrem kitschigen Pathos unfreiwillig komisch. Auf der DOK Leipzig gab es dafür den Publikumspreis „Die goldene Palme“.

Neben dem Bilderrausch von Godfrey Reggios Kultfilm „Koyaansqatsi“ (30.8. Lucie Flechtmann Platz) und dem Bilderreigen von Dorota Kobiela und Hugh Welchmans Van Gogh-Hommage „Loving Vincent“ (5.9., Wätjens Park) ist mit „Flow“ (30.8, Lucie Flechtmannplatz und 6.9. Ökologiestation Bremen) auch ein aktueller Oscargewinner im Programm.

Der Animationsfilm sorgt für eine Schlusspointe, denn in ihm kämpft eine kleine Katze mit vielen anderen Tieren gegen eine mächtige Flutwelle. Und dies in einer Welt, in der die Menschen bereits ausgestorben sind. Es geht also natürlich auch ohne den Menschen weiter mit der Natur.

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