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Was ist wahr?

Syrien Jürgen Toden-höfer will einen Al-Nusra-Kommandeur interviewt haben. Doch an dem Video gibt es erhebliche Zweifel

Das Bild ist wackelig, das Auto rumpelt in eine Senke, davor läuft ein bewaffneter Soldat. Stimmen sind zu hören. In den Untertiteln heißt es: „Wenn sie irgendetwas Schlimmes vorhaben, dann sitzen wir fest.“ Schnitt. Der Eingang zu einem Steinbruch. Schnitt. Eine Texttafel: „Interview mit einem Kommandeur von Jabhat Al Nusra Al Qaida in Syrien.“ Der Fragensteller ist der ehemalige CDU-Abgeordnete Jürgen Todenhöfer.

Der vermeintliche Kommandant gibt vieles preis, zum Beispiel, dass seine Al-Qaida-Filiale von Israel unterstützt werde und indirekt auch von den USA. Der Milizionär soll Abu Al Ezz heißen, schreibt Todenhöfer unter dem Video. Und gibt auch gleich die Deutung vor: „Von den romantischen Märchen westlicher Politiker über den syrischen ‚Freiheitskampf‘ bleibt nicht mehr viel übrig.“

Das Problem: Von dem ­Video könnte auch nicht mehr viel übrig bleiben. Denn es gibt erhebliche Zweifel, ob Todenhöfers vermummtes Gegenüber tatsächlich ein Al-Nusra-Kämpfer ist. Bei Spiegel Online wird unter anderem der Ort der Aufnahme in Zweifel gezogen. Der Steinbruch, der bei der Ankunft gefilmt wurde, sei unter der Kontrolle der Truppen von Machthaber Assad, heißt es dort. Todenhöfer wurde schon häufig zu große Nähe zum Regime vorgeworfen. Auch der Soldat, der vor dem Auto hergeht, wirke eher wie ein Kämpfer der Regierungstruppen. Und Die Welt zitiert die syrische Onlinezeitung Zaman al-Wasl, laut der es sich bei Todenhöfers Interviewpartner nicht um einen Kommandeur der Al-Nusra-Front handeln soll, sondern um einen „Vertreter des syrischen Regimes“, um Ahmed Scheich al-Diaa, einen Abgeordneten im syrischen Parlament. Todenhöfer schrieb auf Facebook über den Kommandeur: „Wir haben seine Identität genau recherchieren können und wissen praktisch alles über ihn.“ jük

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