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Was ist diese Nachhaltigkeit?

Eine Initiative kritisiert das Bekenntnis der Gesobau zur Natur als Greenwashing. Die wehrt sich

Von Claudius Prößer

Jazz und Soul im Schlosspark Niederschönhausen, dazu eine „Naturmeile“, auf der Renaturierungsprojekte in der Stadt präsentiert wurden: Das 24. „Kunstfest Pankow“, das die Gesobau am Wochenende ausrichtete, steht unter dem Motto „In der Natur“. Die Idee: zeigen, „welche Pracht und Vielfalt es um uns herum gibt und warum die Natur schützenswert ist“.

Ein paar hundert Meter weiter waren Gesobau-MieterInnen alles andere als amüsiert. In einer Art Die-in legten sich Dutzende auf die Ossietzkystraße und skandierten „Bäume statt Zäune“. Mit Redebeiträgen und Musik versuchte die Bürgerinitiative Grüner Kiez Pankow die BesucherInnen des Festgeländes darauf aufmerksam machen, „dass die Gesobau AG ihren eigenen Nachhaltigkeits-Versprechungen zuwiderhandelt“.

„Wir halten das Motto angesichts des zerstörerischen Vorgehens der Gesobau in der Stadt für unverfrorenes Greenwashing“, teilte die Initiative mit, die seit Jahren gegen ein Nachverdichtungsprojekt in den baumbestandenen Höfen ihrer Wohnblöcke kämpft. Seit zwei Jahren schon sind die Bäume in den Höfen eingezäunt und werden rund um die Uhr im Auftrag der Gesobau bewacht – damit sie umgehend gefällt werden können, sobald der Bezirk Pankow dafür die Genehmigung erteilt. Wann das geschieht, ist aber weiterhin offen.

Im vergangenen Jahr konnte die Bügerinitiative das Bezirksamt davon überzeugen, dass die artenschutzrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen der Gesobau – etwa neu gepflanzte Büsche als Lebensraum für Vögel – nicht oder noch nicht ihren Zweck erfüllten. Auch in diesem Jahr hatte die Wohnungsbaugesellschaft zum 1. März – an dem die Brutsaison beginnt, in der Rodungen ausgeschlossen sind – noch keine Fällgenehmigung in der Tasche. Eine Ausnahmegenehmigung innerhalb der Saison, die bis Ende September geht, ist unwahrscheinlich.

Gebe der Bezirk dann im Herbst grünes Licht für die Fällarbeiten, würden die Naturschutzverbände klagen, so Krehl zur taz. Auch dann sollte es also eigentlich nicht zum befürchteten Kettensägenmassaker kommen.

Auf Anfrage der taz teilte die Gesobau mit, der Vorwurf des Greenwashings entbehre „jeglicher Grundlage“. Das Thema Nachhaltigkeit, das beim Kunstfest im Mittelpunkt steht, sei „seit vielen Jahren fest in den Strukturen und Geschäftsprozessen der Gesobau verankert“ und werde „in allen Unternehmensbereichen gelebt“, so Sprecherin Birte Jessen. Sie verwies „zum besseren Verständnis auf die Definition von Nachhaltigkeit“. Die BI verenge den Begriff auf die Ökologie, tatsächlich habe Nachhaltigkeit aber „drei Säulen“, nämlich „Ökologie, Ökonomie und Soziales“.

Auftrag der Gesobau als landeseigene Wohnungsbaugesellschaft sei es, bezahlbaren Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung zur Verfügung zu stellen, sagte Jessen. Zum Projekt an der Ossietzkystraße teilte sie mit, man habe nach einem Partizipationsverfahren (an dem sich die Bürgerinitiative nicht beteiligt habe) die geplanten rund 180 Wohnungen schon auf 99 reduziert. Die Gesobau befinde sich mit dem Bezirksamt Pankow „derzeit in engem Austausch“ und gehe „anschließend von einem kurzfristigen Baubeginn aus“.

BI-Sprecherin Britta Krehl sagt, die Initiative habe „aus gutem Grund“ nicht an dem Verfahren teilgenommen. Aus deren Sicht konnte in dem Verfahren keine Variante diskutiert werden, die dem reduzierten Ausmaß des bezirklichen „Klima-Bebauungsplans“ entsprochen hätte. Laut Initiative seien bei der Abschlussveranstaltung auch maximal 10 von 600 MieterInnen anwesend gewesen.

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