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Was diese Augen uns verraten Ist Angela Merkel stolz, Parteichefin zu sein?

Ja. In diesen Tagen ganz besonders, wo es doch eine Frage der Ehre ist, auf irgendetwas stolz zu sein, Hauptsache, es ist etwas Deutsches. Und nichts ist im Moment so stolz und so deutsch wie die stolze deutsche CDU. Dabei hatte es ja lange Zeit so ausgesehen, als gäbe es am Sonntag abend um 18.00 Uhr nichts Trostloseres als gerade diese Partei.

Nicht dass die Christdemokraten an ihrer absehbaren Niederlage in Rheinland-Pfalz verzweifeln werden. Mit einem Sieg des blassen Christoph Böhr in Mainz rechnet im Konrad-Adenauer-Haus ohnehin niemand. Aber eine Niederlage der CDU im konservativen Musterland Baden-Württemberg käme einer Katastrophe gleich. Wenn die junge Sozialdemokratin Ute Voigt Erwin Teufel, den Erich Honecker von Stuttgart, aus dem Amt jagte, wäre nicht nur der als Ministerpräsident erledigt, sondern auch die Doppelspitze Angela Merkel/Friedrich Merz in Berlin. Einer von beiden müsste gehen, und nach Lage der Dinge könnte das nur der ungeliebte Streber Friedrich Merz sein.

Aber die CDU ist wieder stolz, deutsch – und fast gelassen. „Die Stimmung ist gut“, sagt ein führender Christdemokrat, „wir können uns bei Trittin und der SPD bedanken.“ Die Skinhead-Attacke des grünen Umweltministers auf CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer kam der einfallslosen Partei im Wahlkampf wie gerufen. Die bekenntnisschwere Patriotismusdebatte, die die CDU anschließend vom Zaun brach, verbucht sie als ihren Erfolg. „Endlich sind wir wieder mal in der Offensive, und das auch noch mit einem typisch konservativen Thema“, heißt es erleichtert in der Parteizentrale.

Von einem drohenden Debakel ist plötzlich nicht mehr die Rede. Die CDU ist inzwischen wieder davon überzeugt, dass am Sonntag alles so bleibt, wie es ist: Merkel bleibt Parteichefin, Merz, der beim Kampf gegen Trittin in der Partei wieder Punkte gemacht hat, bleibt Fraktionsvorsitzender, und Teufel bleibt Ministerpräsident.

Was also passiert bei der CDU, wenn am Wahlabend nichts passiert? Nichts. Jedenfalls nichts Neues. Die Partei wird weiter verzweifelt nach Themen suchen, mit denen sie 2002 in den Bundestagswahlkampf ziehen kann. Sie wird versuchen, ihren Fahrplan bei der Suche eines Kanzlerkandidaten einzuhalten. Wer gegen Gerhard Schröder antreten wird, soll erst im Frühjahr nächsten Jahres entschieden werden. Angela Merkel und Edmund Stoiber, die beiden einzigen, die als ernsthafte Kandidaten gelten, werden sich bis dahin gegenseitig loben, um ihre eigenen Chancen nicht zu gefährden. Und Roland Koch, der Gewinner der hessischen Kommunalwahlen, wird immer wieder betonen, dass er Ministerpräsident in Wiesbaden bleiben möchte. Dabei wird er so lange warten, bis sich ihm auch im Bund eine Chance bietet. Wenn nicht 2002, dann eben vier Jahre später. Der kaltblütige Koch fühlt sich noch stolzer und noch deutscher als die in Berlin. JENS KÖNIG

War Schröders Sturz in der Dusche Zufall?

Ja. Als der Kanzler am Mittwochmorgen im Kabinett erschien, hatte er eine Schramme am Kopf. „Dies sind die Spuren der Auseinandersetzung mit dem Bundesumweltminister“, sagte er. Kleiner Scherz. Das politische Signal, das Schröder damit so ganz nebenbei abgibt: Der Kanzler kann über Trittin sogar lachen. Das mag auch daran liegen, dass die SPD und ihr Vorsitzender selten so gelassen Landtagswahlen entgegengesehen haben wie diesmal.

Schröders Sturz in der Dusche hatte also nichts mit Kurt Beck und Ute Vogt zu tun. Im Gegenteil: Der Kanzler ist stolz (!!!) auf seine Spitzenkandidaten in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Die beiden zählen schon jetzt zu den Gewinnern der Wahlen, obwohl nur einer von ihnen siegen wird: Kurt Beck.

Der Pfälzer bleibt Ministerpräsident, daran zweifelt in der SPD niemand. Dass Beck dabei die absolute Mehrheit verfehlt, ärgert die Sozialdemokraten in Berlin nicht wirklich. Die Neuauflage der Koalition mit der FDP erschwert zwar das Geschäft der rot-grünen Regierung im Bundesrat. Aber das rot-gelbe Friede-Freude-Eierkuchen-Bündnis in Mainz ist Schröder auch nicht ganz unrecht. Es dient ganz nebenbei als Abschreckung für die Grünen.

Für Ute Vogt wird es wohl nicht zum Sieg reichen. Damit haben die SPD-Strategen sowieso nicht gerechnet. Aber die erst 36-jährige Vogt hat der hoffnungslos schlechten SPD im Ländle eine Art Erweckungserlebnis beschert – sehr zur Freude des Kanzlers. J. K.

Ist Jürgen Trittin der ideale Sündenbock?

Auf alle Fälle. Es gibt keinen besseren. Trittin ist der Mann der vielen Eigenschaften: Er ist beim Kanzler unbeliebt (Schröder diese Woche im SPD-Parteivorstand: Ein „Risiko“), bei der Mehrheit der Medien auch, und beim realpolitischen Flügel der Grünen sowieso.

Sollte seine Partei daher am Sonntag schlecht abschneiden, wird sofort die aufregendste aller Fragen gestellt: Wann wird Trittin zurückgetreten? Dabei ist es eigentlich ganz einfach: Niemand hat die Absicht, den Minister zu entlassen. Der Kanzler nicht, weil er anstelle einer kleinen keine große Krise riskieren will. Mit Trittins Rauswurf würde nicht nur Minister Nummer acht das Kabinett verlassen. Erfüllt würde auch die Forderung der Union. Das aber wird Schröder nicht zulassen. Mag also sein, dass Trittin innerhalb der grünen Fraktion immer weniger Unterstützer hat, wie kolportiert wird. Auf drei feste Verbündete für seinen Amtsverbleib kann er zählen: Angela Merkel, Friedrich Merz und Laurenz Meyer.

Und die Grünen? Sie spielen im Streit um Trittin eigentlich die geringste Rolle. Trotz des Grummelns in Fraktion und Partei, ein Abgang des Umweltministers wäre eben kein Befreiungsschlag, sondern brächte die streiterprobten Grünen in Gefahr, die gerade mit Claudia Roth vollbrachte Einbindung der Linken wieder zu verlieren. Daher werden Kuhn und Roth, Kerstin Müller und Rezzo Schlauch auch bei einem schlechten Ergebnis für Trittin lächeln. Notgedrungen. SEVERIN WEILAND

Ist Guido Westerwelle farbenblind?

Überhaupt nicht. Der designierte FDP-Chef ist der aufgefrischte Beweis für die alte These, dass die Liberalen eigentlich schon immer stolz darauf waren, dass Rot und Grün und Schwarz eigentlich weiß sind. Insofern verspricht Westerwelle Kontinuität.

In Rheinland-Pfalz lobt er die reibungslose Zusammenarbeit seiner Partei mit der SPD und Kurt Beck, in Baden-Württemberg preist er den Beitrag der Liberalen an der Seite des CDU-Ministerpräsidenten Erwin Teufel. Diese Flexibilität gründet auf einem einzigen Willen: dem zur Macht. 2002, hat er wiederholt erklärt, will er seine Partei (und mit größter Wahrscheinlichkeit sich selbst) an der Regierung sehen. Insofern sind die Ergebnisse vom Wochenende für die FDP ebenso entscheidend wie für die Grünen. Rücksicht auf die Union nimmt Westerwelle nur in Maßen, auch bei deren ureigenen Themen. „I am proud to be a German“, schrieb er jüngst in der FAZ und signalisierte damit enttäuschten Unionswählern, dass auch eine schwarz eingetrübte Gemütslage bei den Westerwelle-Gelben auf Verständnis rechnen darf. Westerwelles Kalkül ist klar: zunächst sich selbst und dann die FDP stärken und schließlich koalieren mit dem, der für eine Koalition in Frage kommt. Selbst Rot-Grün-Gelb in Baden-Württemberg wäre nicht ausgeschlossen, auch wenn diese Koalition nach den Umfragenwerten wenig wahrscheinlich ist. Damit bliebe Westerwelle erspart, auch diese Farbkombination zu begründen. Wahrscheinlich. SEV

Weiß Fritz Kuhn, wie man Wahlen gewinnt?

Er hofft es zumindest. Ein Wort hat Fritz Kuhn im Überfluss in den letzten Wochen gebraucht: „Neu“. Das Land brauche eine neue Landwirtschaftspolitik, eine neue Verbraucherschutzpolitik, eine neue Bildungspolitik, eine neue Familienpolitik. Schon geistert unter Journalisten ein neues Schlagwort herum: Die neuen Grünen.

Doch hinter der inszenierten Aufbruchsstimmung lauert ein gehöriges Maß an Unsicherheit. Beispiel Baden-Württemberg: Die Stimmung sei gut, die Menschen aufgeschlossener als noch vor knapp zwei Jahren, während des Kosovo-Krieges, und dennoch wisse man nicht, wo man stehe, erzählte kürzlich ein Bundestagsabgeordneter. In der Tat: In Baden-Württemberg, wo Kuhn einst Fraktionschef im Landtag war, sieht die Sache kompliziert aus: Von 8 Prozent bis zu einem zweistelligen Ergebnis sprechen die Wahlforscher. Die Grünen müssen sich an ihrem letzten Ergebnis von 12,1 Prozent messen lassen. Rheinland-Pfalz hingegen wurde von der grünen Parteispitze zwar artig besucht – eine Überraschung erwartet aber niemand: Hauptsache, die Grünen im Lande des Kurt Beck kommen wieder ins Parlament. Verlieren die Grünen vor allem im Ländle dramatisch, dann wird auch Kuhn vor einem Rätsel stehen: Mit was soll seine Partei in Zukunft noch Zugewinne holen? Eines ist dem Strategen klar: Noch nie waren die Zeiten für urgrüne Themen so günstig wie heute – dank BSE, dank Maul- und Klauenseuche. SEV

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