: Was Trumps 21-Punkte-Plan für Gaza vorsieht
Der US-Präsident und Israels Premier Netanjahu verhandeln um ein Ende des Krieges. Doch was Trump plant, kann Netanjahu seinen Koalitionspartnern kaum verkaufen

Von Lisa Schneider
Am Montagabend ist es so weit: Israels Premier Benjamin Netanjahu und US-Präsident Donald Trump treffen sich, um über die Zukunft des Gazastreifens zu sprechen. Die Erwartungen sind hoch, schrieb doch Trump am Sonntag auf seinem Netzwerk Truth Social ganz in Großbuchstaben: „Wir bekommen das hin!!!“
Worauf kommt es also an, bei diesen Verhandlungen um ein Ende des Krieges in Gaza und die Freilassung der 48 dort verbliebenen Geiseln? Der 21-Punkte-Plan, den der US-Präsident am Rande der UN-Vollversammlung vergangene Woche arabischen und muslimischen Staaten vorstellte, sieht Folgendes vor: Der Krieg im Gazastreifen muss sofort enden, das israelische Militär alle Handlungen einstellen und sich zurückziehen. Innerhalb von 48 Stunden nach Annahme des Deals müssen die 20 lebenden und 28 toten Geiseln nach Israel gebracht werden. Im Anschluss sollen hunderte palästinensische Gefangene freikommen.
Schließlich soll eine „temporäre Übergangsregierung palästinensischer Technokraten“ die „täglichen Services“ für die Menschen in Gaza übernehmen. Ein internationales Gremium soll diesen Prozess überwachen. Das soll ein „Framework zur Finanzierung des Wiederaufbaus“ des Gazastreifens erstellen, „bis die palästinensische Autonomiebehörde ihre Reformen vollzogen hat“. Die Hamas soll keine Rolle mehr spielen.
Niemand soll gezwungen werden, Gaza zu verlassen – die Menschen sogar angehalten werden, zu bleiben. Wer doch geht, soll ein Rückkehrrecht haben. Und schließlich soll Israel den Gazastreifen weder annektieren noch besetzen, das israelische Militär die von der Hamas befreiten Gebiete schrittweise an eine internationale Stabilisierungstruppe übergeben. Diese soll die USA zusammen mit arabischen und internationalen Partnern aufbauen, sie soll sofort nach Abschluss des Deals entsendet werden. Der Plan ist überraschend nah an der Position der Palästinenser und des Großteils der internationalen Gemeinschaft: keine Besatzung, keine Annexion, die Menschen dürfen bleiben, die Kontrolle soll Palästinensern selbst unterliegen.
Und noch ein Punkt des von der Times of Israel öffentlich gemachten Plans weist darauf hin, dass sich vor allem Israel in den Verhandlungen bewegen muss: Mit seiner Umsetzung soll auch begonnen werden, wenn die Hamas nicht zustimmt. Dann nur in den Gebieten, die von Israel kontrolliert werden.
Netanjahu dürfte diesen Plan seinen rechtsextremen Koalitionspartnern nur schwer verkaufen können: So ist etwa die Kontrolle der Autonomiebehörde über Gaza ist für diese eine rote Linie. Eine Wahl hat er aber nicht: Nachdem immer mehr europäische Partner sich aus israelischer Perspektive abwenden und selbst etwa Deutschland sich immer kritischer äußert, bleiben vor allem die USA als Verbündeter. Doch der neue Plan aus Washington zeigt: Auch dort könnte die Geduld mit Israels Vorgehen in Gaza langsam ablaufen.
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